Essen. . Turbulente Zeiten für Charlotte Lindholm im ARD-Tatort: Ein neuer Mann tritt in ihr Leben, und ein Kicker von Hannover 96 wird ermordet. Dummerweise versprüht das Drehbuch eine gewisse Drögheit.
Ein Bundesliga-Fußballer outet sich vor laufenden Kameras als schwul, erklärt sein Versteckspiel mit den Ängsten, die man als Profi-Fußballer in dieser Hinsicht hat – und wird beim nächsten Spiel seines Vereins laut bejubelt. Man fragt sich gleich, wo es so viel Verständnis wohl gibt in einem Milieu, das sonst nur echte Kerle akzeptiert.
Die Antwort heißt Hannover 96, Spielfeld des neuen „Tatort: Mord in der ersten Liga“ (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr) , in dem unsere alleinerziehende Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) mal wieder in intimen Bereichen ermitteln darf.
Der schwule Fußballer heißt Ben Nenbrook (Luk Pfaff) und war der beste Freund des ermordeten Ballprofis Kevin Faber. Was unsere Kommissarin natürlich gleich zu der Frage führt, ob Kevin am Ende ebenfalls schwul war und die Schwangerschaft seiner Freundin nur ein Schutzwall. Wir emerken also schnell, dass dies wieder mal ein „Tatort“ mit brennendem Gegenwartsproblem ist. Und damit wir das nicht vergessen, werden uns die Vokabeln „schwul“ und „homosexuell“ so penetrant in die Gehörgänge geblasen, dass wir in der nächsten Zeit mit der sexuellen Ausrichtung von Fußballern bitte nicht mehr belästigt werden wollen.
Spannung, Überraschung – Fehlanzeige
Außer diesem riskanten Thema hat der Fall nicht viel zu bieten. Lindholm stapft durch ihre Verhöre der zahlreichen Verdächtigen mit der verbalen Drögheit eines Drehbuchs, dass sich derart heftig an seinem Gegenwartsproblem berauscht, dass es darüber die Kerntugenden eines Kriminalfilms (Stichworte Spannung, Überraschung) völlig vergisst. Wenn am Ende der Mörder endlich gesteht, wirkt das weniger wie Überführung, sondern mehr wie das Ergebnis eines Abzählreims. Und natürlich liegen auch in der nun aufgeblätterten Täter-Opfer-Beziehung deutlich Schwulitäten in der Luft.
Weil uns aber immer schon das Liebesleben des attraktiven niedersächsischen Eiszapfens Lindholm interessiert hat, bietet uns diese „Tatort“-Folge abseits des Falles doch endlich wieder Stoff. Beim NDR muss man irgendwann dem Irrtum anheim gefallen sein, die eher kumpelhafte Maria Furtwängler könne in ihren Rollen so etwas wie Erotik versprühen. Der fesche Hannes Jaenicke versuchte es zumindest mal mit Befeuerung, liegt nun aber in einem kühlen Grab.
Undercover in der Hooligan-Szene
Ein Kind hat sie auch bereits, angeblich von einem Spanier während eines Lehrgangs empfangen. Nun aber scheint sie ganz und gar dem Journalisten Jan Liebermann (Benjamin Sadler) verfallen. Der recherchiert undercover in der Hooligan-Szene, trauert noch um seine verstorbene Lebensgefährtin, spürt aber bereits die begehrlichen Blicke der Polizistin auf sich ruhen. Mit diesem Pärchen, das von Temperatur und Temperament her so schön harmoniert, steht uns wohl noch einiges bevor.