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Der WDR-Rundfunkrat fordert nach der Umstrukturierung wegen Günther Jauch eine Probezeit für die fünf ARD-Talker. Kritik kommt auch von BR und MDR. Moderatorin Anne Will, die ihren Sendeplatz verlassen muss, vermisst ein Konzept.
Kurz vor Heiligabend herrscht bei der ARD alles andere als Festtagsstimmung. Dass sich das Erste in einen Talk-Sender verwandelt, kritisieren immer mehr Rundfunkräte. Zuletzt grummelte der WDR-Rundfunkrat. In einem Zwölf-Punkte-Papier bleibt das Gremium bei „seiner kritischen Haltung gegenüber fünf Gesprächsformaten“. Es fordert „eine Vielfalt in der Gästeauswahl“, um Themen-Einfalt zu vermeiden.
Ferner heißt es, „dass auch zukünftig Platz im Ersten sein muss für längere Dokumentationen“. Das Gremium vermisst „einen eigenen, ständigen (Kino-)Spielfilmplatz neben dem Film-Mittwoch im Ersten“. Überdies solle sich die ARD stärker um den Nachwuchs kümmern. Die Programm-Aufseher sehen mit einer „vorschnellen Entscheidungen zur zukünftigen Programmstruktur im Ersten eine Chance vertan“. Da ARD-Neuzugang Günther Jauch seine Arbeit erst im kommenden September aufnimmt, wäre es besser gewesen, „grundsätzlich und ergebnisoffen über die Programmstruktur im Ersten zu diskutieren“.
Vorhersehbare Kritik
Der WDR-Rundfunkrat verlangt von der ARD „eine intensive Beobachtung und Auswertung“ der künftig fünf Talks. Auf die Ergebnisse sollen die Gremien „unmittelbar“ zugreifen können. Ferner spricht sich der WDR-Rundfunkrat dafür aus, „das neue Sendeschema nach spätestens einem Jahr einer kritischen Überprüfung zu unterziehen“.
Damit meldete sich erstmalig in der Debatte um Jauch und die Folgen fürs Programm ein Gremium zu Wort, dessen Sender unmittelbar für Polit-Talker zuständig ist. Der WDR verantwortet Frank Plasbergs „Hart, aber fair“ sowie „Menschen bei Maischberger“. Plasberg gehört, neben Jauch, zu den Gewinnern des Schemas: Er darf als Einziger vor den „Tagesthemen“ talken.
Vor dem WDR-Rundfunkrat hatten Gremien von Sendern ohne Talk gemäkelt: Vorhersehbare Kritik kam aus den Reihen von BR und MDR. Ebenso wenig überraschte Anne Will mit kaum verhohlenem Groll. Sie hatte im Talk-Poker verloren. „Es wäre hilfreich gewesen, wenn die ARD zeitgleich mit der Verkündung von Jauchs Verpflichtung ein fertiges Konzept für den Rest der Woche gehabt hätte“, klagte Will im „Spiegel“. Wie es mit ihrem Talk weitergeht, ließ sie auf Anfrage dieser Zeitung offen. Eine zündende Idee wäre für sie eine schöne Bescherung.