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Matthias Brandt gilt als einer der besten deutschen Schauspieler. Am Montag ist er als Verdächtiger im ZDF-Krimi „Tod einer Schülerin“ zu sehen - und bald als neuer Kommissar im „Polizeiruf 110“. Jürgen Overkott sprach mit ihm.

Sie spielen an der Seite von Corinna Harfouch. Ist nach 20 Jahren Einheit im deutschen Fernsehen zusammengewachsen, was zusammengehört?

Matthias Brandt: Mich haben diese Kategorien - West-Schauspieler, Ost-Schauspieler - nie interessiert. Man versteht sich, oder man versteht sich nicht, wie im normalen Leben.

Es hat 20 Jahre gedauert, bis das Fernsehen in der Lage war, aus DDR-Alltag einen Unterhaltungsstoff zu machen, wie wir gerade in der ARD-Serie “Weissensee“ sehen. Haben wir diesen zeitlichen Abstand gebraucht?

Ich glaube, dass es schon früher Ansätze gab, die nur nicht umgesetzt worden sind, und ich glaube, dass man durchaus schon früher davon hätte erzählen können.

Haben Sie “Weissensee” gesehen, und wenn ja, wie finden Sie die Serie?

Großartig. Ich selbst bin ja auch nicht in der DDR aufgewachsen. Aber bei “Weissensee” ist es so: Obwohl der Regisseur und die Autorin nicht aus dem Osten stammen, sind genügend Leute dabei, die der Geschichte das nötige Fundament der Glaubwürdigkeit geben. Das kommt der Serie sehr zu gute. Die Schauspieler spielen gut und geben der Sache Substanz.

Ihr aktueller Film “Tod einer Schülerin” erinnert von Titel und Stoff an einen “Tatort” aus den Siebzigern, der die damals erst 15-jährige Nastassja Kinski schlagartig berühmt machte.

Als der Krimi lief, war ich Teenager. Das war damals ein richtiges Fernsehereignis.

Hat die Vorlage bei der Produktion Ihres aktuellen Films eine Rolle gespielt?

Bis auf den Umstand, dass ein Lehrer etwas mit einer Schülerin hat, gibt es kaum Gemeinsamkeiten.

In den Siebzigern waren Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern, genau wie heute, nicht erlaubt. Und dennoch hat es in den letzten Jahren eine deutliche Skandalisierung des Themas gegeben.

Wenn es sich um zwei volljährige Menschen handelt, ist das ja deren Sache. Aber natürlich sind solche Geschichten immer heikel. Die Lehrer sollen anständig unterrichten, finde ich.

In dem Film gibt es gleich zwei Tote; außerdem wird von einem Serienkiller gemunkelt. Brauchen wir heute mehr Leichen, damit es beim Zuschauer kribbelt?

Nein. Man kann sogar ohne Leiche einen sehr guten Krimi machen.

Krimi ohne Leiche - ist eine Option für Ihren neuen Job beim “Polizeiruf”?

Wichtig ist immer ein guter Fall, ein spannender Fall; ich würde da keine Regeln aufstellen. Ich bin allerdings dagegen, per se zu dünne Geschichten aufzumöbeln durch einen Eimer Blut mehr.

Gibt es heute mehr dünne Geschichten?

Es gibt generell mehr Geschichten als früher, also auch mehr dünne Geschichten.

Sie haben den ersten “Polizeiruf” abgedreht, mit Dominik Graf. Er gilt, nicht nur wegen der ARD-Serie “Im Angesicht des Verbrechens”, als der angesagteste deutsche Regisseur. Wie führt er?

Das war eine sehr schöne Arbeit mit ihm, ein großes Vergnügen.

Dass Schauspieler Nettes über den Regisseur sagen, ist nicht ungewöhnlich. Welche Eigenheiten haben Sie bei ihm wahrgenommen?

Wenn man vorher nett über ihn spricht, macht das Sinn. Hinterher ist esdas freiwillig.

Sprechen Sie offen!

Graf ist einer, der im Genre des Polizeifilms ungeheuer versiert ist; er ist sicher der Beste, den wir haben. Er ist präzise, auch im Umgang mit den Schauspielern, und das sieht man seinen Filmen ja auch an. Er scheint über eine Fähigkeit zu verfügen, Schauspieler zu ungewöhnlichen Leistungen zu führen.

Wie macht er das?

Wenn ich das wüsste, könnte ich’s selber.