Wladiwostok. .
Das Foto wirkt putzig, fast lustig. Neugierig lugt der junge Schwarzbär über den Fahrersitz, hat die kleine Tatze auf die Kopfstütze gelegt. Das Bärenbaby hat Glück im Unglück: Russische Zöllner haben es entdeckt, aus den Klauen der Schmuggler befreit und somit vor dem sicheren Tod bewahrt. 21 kleine Bären haben die Zöller zwischen 1999 und 2006 gefunden.
19 Tigerskelette sammelte der russische Zoll im gleichen Zeitraum ein. „Die Schmuggler sind erfindungsreich, arbeiten international”, erläutert Sergei Lyapustin, der Chef der Zoll-Akademie in Wladiwostok. Mit finanzieller Unterstützung des WWF bildet Sergei zukünftige Zöllner aus. „Schmuggler verstecken Tiere im Müll, unter anderen Waren”, oder wie den kleinen Bären aus dem Auto im Umzugskarton. Einzelne Knochen oder Pfoten finden Kontrolleure zuweilen auch im Tank.
Der Schmuggel mit geschützten Tieren und Hölzern ist im fernen Osten Russlands ein riesiges Problem. Der Zusammenbruch der UDSSR hat die Grenzen Richtung China durchgängiger gemacht. Und der Chinese, so scheint’s, nimmt außer dem Pandabär von jedem Tier fast alles. Gerade der Tiger hat’s da schwer. Zwar verzichtet die Traditionelle Chinesische Medizin seit Jahren auf original Tiger-Produkte, doch die alten Wunderheiler im Reich der Mitte setzen nach wie vor auf die heilende Kraft von Tigerextrakten. So sollen die Augäpfel der Wildkatze epileptische Anfälle reduzieren, die Knochen Rheumaleiden lindern und der Schwanz ist geeignet, um Hautkrankheiten zu heilen. Nicht zu vergessen der Penis des Tigers -- er soll die Potenz steigern. Für ein Skelett der großen Raubkatze zahlen Schmuggler auf dem Schwarzmarkt Tausende von Dollars - genug, um die verarmte ländliche Bevölkerung in der Primorye-Region über so manchen Winter zu bringen.
Neben der Jagd auf den Tiger leidet die Region unter der illegalen Abholzung der großen Mischwälder. In einem Beitrag des russischen Staatsfernsehens, der stellenweise mit versteckter Kamera aufgenommen wurde, gestand der Leiter der Forstbehörde Primorye, Pyotr Diuk, vor einigen Wochen Korruption, illegale Waldrodungen in Schutzgebieten und „gefakte Auktionen” zur Versteigerung von Einschlagskonzessionen. Nach seinen eigenen Worten sei der russische Ferne Osten, in dem die letzten verbliebenen Amur-Tiger und Leoparden leben, bald „komplett abgeholzt“. Nur das Engagement von Naturschützern und Organisationen wie dem WWF stehe dem noch im Weg, so Pyotr Diuk.
Momentan können sich die Schmuggler freuen. Denn für die große Asien-Pazifik-Konferenz 2012 pumpt Moskau Milliarden von Ruberln in Richtung Wladiwostok. Die Infrastruktur soll massiv verbessert werden. Die Straße aus der Stadt zum 50 Kilometer nördlich gelegenen Flughafen soll als Schnellstraße ausgebaut werden, auf der gegenüberliegenden Seite der Amursky-Bay, dort wo sich heute Tiger- und Leoparden-Schutzgebiete befinden, sollen ebenfalls Schnellstraßen errichtet werden. „Der Verkehr Richtung China wird verstärkt”, befürchtet Frank Mörschel, WWF-Koordinator in der Amur-Region. Zwar hat das Militär angekündigt, die Kontrollen an der 170 Kilometer langen russisch-chinesischen Grenze in der Promorye-Region zu verstärken. Das könnte Wilderer und Schmuggler zwar aus der Region vertreiben. das Handwerk wird man ihnen aber nicht legen können. „Wir befürchten eine Abwanderung Richtung Kasachstan”, sagt Sergei Lyapustin.