Wladiwostok. .

Der Tiger steht still, schnüffelt fast versonnen auf dem Boden. Lange genug, damit die Kameras, die Ranger in etwa einem Meter Höhe an gegenüberliegenden Bäumen montiert haben, scharfe Bilder der Raubkatze liefern können. Zwar kennen die Ranger im Fernen Osten Russlands nicht jedes Versteck der etwa 500 Amur-Tiger, die in ihrer Region, einem Gebiet, das etwa vier Mal so groß ist wie Spanien, leben. Doch sie wissen, dass der Tiger auf seinen Streifzügen gerne ausgetretene Pfade nutzt. Dort installieren sie Kameras, legen Köder aus, damit das Tier möglichst still vor dem Objektiv verweilt. „Wir wollen die Tiere fotografieren, ohne sie zu stören“, erläutert Sergey Aramilev, Programm-Koordinator im russischen WWF-Büro. Wichtig sei es, Aufnahmen von beiden Körperhälften der Wildkatzen zu bekommen. „Die Zeichnungen im Fell sind wie Fingerabdrücke“, sagt Sergey. Durch die Fotos können Naturschützer die Tiere identifizieren, erfahren etwas über ihr Wanderungsverhalten, ihre territorialen Ansprüche.

1000 Quadratkilometer durchstreifen männliche Tiger, ein Zehntel benötigen Weibchen als Territorium.

Fotos sind ein Teil des sogenannten Monitorings, die Analyse des Tatzenabdrucks ein weiterer. Anhand der Größe und des Abstands der Pranken, können Wissenschaftler auf das Alter, Geschlecht, die Größe und das Gewicht schließen. Etwa acht Zentimeter groß ist der Abdruck eines ausgewachsenen männlichen Tigers, Weibchen bringen es auf durchschnittlich sechs Zentimeter.

Zuweilen ist der Tiger ganz schön faul: Er nutzt ausgetretene Pfade. Foto: WWF
Zuweilen ist der Tiger ganz schön faul: Er nutzt ausgetretene Pfade. Foto: WWF

Weitere Erkenntnisse über die Tiger-Population ziehen Wissenschaftler aus den Exkrementen. Mit dafür ausgebildeten Suchhunden sammeln sie den Kot ein, lassen im Labor die DNA analysieren.

„Dabei haben wir festgestellt, dass die russische Population getrennt in zwei unterschiedlichen Territorien lebt“, erklärt Sergey. Abgebrannte Wälder, landwirtschaftliche Flächen und kleinere Orte trennen die Schutzgebiete von einander. Die Tiger, so berichtet Sergey, könnten diese Distanz nicht überbrücken. Daher entwickelten sich die Populationen unterschiedlich.

Der Sumatra-Tiger

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    Aus diesem Grund pachtet der WWF unter anderem von den in Deutschland eingenommenen Spendengeldern Waldflächen. Diese sollen die bestehenden Schutzgebiete erweitern und benachbarte miteinander vernetzen.

    Um konkrete Informationen über die Bestandsentwicklung der Tiger zu bekommen, werden alle fünf bis acht Jahre die Ergebnisse zusammengefasst und mit älteren verglichen. Dabei haben die WWF-Mitarbeiter, die sich seit 1993 in der Amur-Region engagieren, festgestellt, dass die Tigerpopulation seit etwa zehn Jahren mit ungefähr 500 Tieren stabil geblieben ist. „Langfristig“, sagt Frank Mörschel, Biologe und beim WWF-Deutschland und internationaler Programmkoordinator für die Ökoregion Amur, „wollen wir den Bestand der Tiger in der Region auf etwa 800 erhöhen“.