Essen. .
Drei Frauen, drei Biografien wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Bei „Beckmann“ trafen CDU-Ministerin Ursula von der Leyen, Linken-Ikone Sahra Wagenknecht und Alt-Punkerin Nina Hagen aufeinander. Dumm nur: Die drei Damen wussten so gar nichts miteinander anzufangen.
Sie ist Ärztin, Politikerin und siebenfache Mutter. Sie war Familienministerin, wollte Gesundheitsministerin werden, muss seit letzten November aber das Arbeitsministerium leiten, wo sie immer noch ein wenig fremdelt. Eines hat Ursula von der Leyen in den sieben Jahren in politisch verantwortlicher Position gelernt: Eine gut auswendig gelernte Floskel hilft dir über jede Verlegenheit hinweg.
Das klingt dann so: „Auf Sicht fahren in der Krise, aber auch langfristig die Dinge angehen.“ Oder: „Da werden wir genau hingucken.“ Bei Beckmann hatte von der Leyen reichlich Gelegenheit, ihr Plattitüden-Programm abzuspulen, der Gastgeber ließ sie weitgehend gewähren. Das sollte doch eine willkommene Chance sein für Sahra Wagenknecht, Wirtschaftsfachfrau der Linkspartei mit gelegentlichen Anfällen von DDR-Nostalgie. Zumal sie sich gerade im nordrhein-westfälischen Wahlkampf befindet. Denkste!
Keine Basis für ein Gespräch
Statt von der Leyen zu attackieren, gab sich Wagenknecht zahm. Ein Fall von Beißhemmung angesichts weiblicher Solidarität über Parteigrenzen hinweg? Egal. Jedenfalls begnügte sich auch die ansonsten streitlustige Linke mit dem verbalen Routineprogramm. „Hartz IV ist ein Repressalien-System“, es gehöre abgeschafft. Kinder seien „das größte Armutsrisiko“ im Lande. Und im übrigen müsse dringend die 30-Stunden-Woche für Arbeitnehmer her. Alles beinahe so originell wie Nina Hagen, die mit einer Art Osternest auf der Frisur dem lahmen Gespräch zu folgen versuchte.
Von der Leyen und Wagenknecht, das passte bei „Beckmann“ überhaupt nicht zusammen. Zwei Frauen, die sich nichts, aber auch gar nichts zu sagen hatten. Die Ministerin schwärmte vom „Job-Wunder“ Deutschland - und erntete von Sarah Wagenknecht nur mitleidige Blicke. Die erklärte Linksauslegerin wiederum erzählte von ihrer Trotzreaktion, die DDR nicht in Bausch und Bogen zu verdammen – und ihr Widerpart blickte sie an, als käme Wagenknecht von einem anderen Stern. In über einer Stunde fanden die beiden Polit-Frauen keine Basis für ein Gespräch, das diesen Namen verdient hätte. Da nutzte es auch nichts, dass Wagenknecht aus dem Stand die ersten Verse von Goethes Faust aus dem Stehgreif rezitierte. Da saßen sie nun, und waren so klug als wie zuvor.
Nina Hagen ‘einte’ Wagenknecht und von der Leyen
Vielleicht hatte der Gastgeber ja so etwa geahnt und deshalb nicht nur den von der Boulevard-Presse als „Deutschlands härtester Sanierer“ gefeierten Unternehmensberater Rüdiger Knaup eingeladen, sondern auch Nina Hagen ins Studio gebeten. Die Sängerin ist schließlich weit gereist, hat in Indien in einem Ashram ausgiebig Sinnsuche betrieben, bevor sie sich vor kurzem „evangelisch-reformistisch“ taufen ließ. Vielleicht erhoffte sich Beckmann von ihr ja den Weitblick, um den Dialog in Gang zu bringen.
Allein, es kam anders. Hagen vergnügte sich zunächst mehr damit, mit den Kabelträgern im Studio ihre Faxen zu machen. Später bekundete sie noch ihre Trauer darüber, dass sich „auf den Feldern unserer Bauern“ kein „gesundes Futter“ mehr finden lasse, um darauf von ihrem Gemeindepastor zu schwärmen und zu bekennen: „Jesus ist mein Manager.“ Man geriet ins Zweifeln: Ist das nun die richtige Nina Hagen oder nicht doch Anke Engelke mit einer leicht überdrehten Parodie?
Die Frage wurde beantwortet, als Hagen zur Gitarre griff. Beckmann persönlich holte ihr das Instrument aus den Kulissen, worauf die Sängerin sich nicht lange bitten ließ. Nun ist es so, dass die zum Glauben bekehrte Hagen dem Punk der frühen Jahre entsagt hat und sich nun dem Gospel widmet. Mit ihrer Kostprobe, Oh, Lord, schaffte sie letztendlich das, was zuvor 75 Minuten lang gescheitert war: Ursula von der Leyen und Sahra Wagenknecht fanden – gewissermaßen - zueinander, verfolgten Hagens Auftritt mit den gleichen ungläubigen Blicken. So gesehen, hatte der Talk-Abend zu guter Letzt doch noch etwa Versöhnliches.