Köln. Statt großem Wurf gibt's weiter Kleinklein: Misstöne begleiten den bitter nötigen Neustart des deutschen Fernsehens beim Eurovision Song Contest. Ob es zu der Zusammenarbeit der ARD mit Stefan Raab und seinem Haussender ProSieben kommt, steht dahin. Droht dem Ersten ein zweiter Fall Jauch?

Stefan Raab bei der deutschen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest 2000. (c) imago
Stefan Raab bei der deutschen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest 2000. (c) imago

Eigentlich war für gestern eine Pressekonferenz geplant. Sie sollte, wie es inoffiziell hieß, in Köln stattfinden. Branchenkenner hatten eine Antwort auf die Frage erwartet, wie die beteiligten Programmmacher, Stefan Raab allen voran, Deutschlands Chancen beim Eurovision Song Contest steigern wollen. Doch daraus wurde nichts.

Was war passiert?

ProSieben-Sprecher Christoph Körfer antwortete auf eine Anfrage unserer Zeitung knapp: „Fragen Sie die ARD!”

NDR-Sprecherin Iris Bents in Hamburg sagte nur, sie wolle nichts sagen.

Auch Kristina Bausch vom WDR hüllte sich in vornehmes Schweigen.

Selbst der gewöhnlich gut informierte SPD-Medienpolitiker Marc Jan Eumann mochte sich nicht äußern.

Seit einem Jahr Gespräche

Dabei stehen ARD und ProSieben bereits seit einem Jahr in Gesprächen. Nötig ist es: Deutsche Künstler schnitten in den vergangenen Jahren bei Europas traditionsreichem Sangeswettstreit fast notorisch schlecht ab. Kein Wunder, dass auch die Quoten, aufs Ganze gesehen, schwächelten.

Wie es hieß, hatten sich die TV-Granden hüben und drüben im Grundsatz verständigt. Eigentlich stand nur noch die Zustimmung der Programmdirektoren des Ersten aus. Was zunächst als Formsache behandelt wurde, wuchs sich zu einem Riesenproblem aus.

Jedenfalls mochte sich gestern niemand, bei ProSieben nicht und auch nicht bei der ARD, darauf festlegen, wie der weitere Fahrplan aussieht.

Derweil blühten Spekulationen munter wie Löwenzahn am Straßenrand. So machte diese Variante die Runde: ProSieben produziert die Vorrunde des altehrwürdigen Wettbewerb in Raabs Studio an der Schanzenstraße in Köln. Das hat Raab mit seinem Bundesvision Song Contest bereits mehrfach erfolgreich durchgezogen. Der NDR präsentiert das Finale und zieht mit dem Sieger des deutschen Vorentscheids zur Eurovision Song Contest.

Spekulationen blühen wie Löwenzahn am Straßenrand

Stefan Raab. (c) imago
Stefan Raab. (c) imago

Charme: Dieses Konzept würde funktionieren.

Nachteil: Der Neustart des Eurovision Song Contest mit ein bisschen Hilfe von Freund Raab würde die Einfallslosigkeit der ARD-Unterhaltungsredaktionen offenbaren - unmittelbar vor den Augen der WDR-Gewaltigen in der heiligen Stadt Köln.

Unabhängig davon: Kommt es tatsächlich zu einer Zusammenarbeit von ProSieben und ARD beim Grand Prix, betreten beide Sender Neuland. Nie zuvor gab es bisher im deutschen Unterhaltungsfernsehen eine Kooperation von Privaten und Öffentlich-Rechtlichen.

Möglicherweise steht sich die ARD dabei selbst im Weg. Der aus neun Sendern bestehende Verbund spricht zuweilen mit mehr Stimmen, als er Mitglieder zählt. Diskussionsrunden ziehen sich hin, Entscheidungen fallen spät.

Das erlebte auch RTL-Star Günther Jauch, der beim Ersten im Jahr 2007 als Nachfolger von Sabine Christiansen im Gespräch war. Schließlich mochte der TV-Tausendsassa der Hängepartie um seine Rechte und Pflichten als Moderator des Sonntagabend-Talks nicht mehr zusehen – und sagte kurzerhand ab. Jauch sagte damals entnervt, er wolle nicht „politischer Farbenlehre“ geopfert werden.

Droht Entertainer Raab jetzt ein ähnliches Schicksal? Bisher jedenfalls heißt es beim Neustart des Grand Prix: „zero points”, null Punkte.

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