Berlin. Das war nicht das, was sich die ARD für den Eurovision Song Contest erhofft hat: Nun will sie nach dem schlechten deutschen Abschneiden Konsequenzen ziehen. Unterdessen holte Altmeister Ralph Siegel zum verbalen Schlag aus und griff die Jury des NDR für die Liedauswahl an.
Nach dem erneuten schlechten Abschneiden Deutschlands beim Eurovision Song Contest 2009 sucht die ARD nach Erfolgsrezepten. Das Ergebnis sei «nicht das, was wir uns erhofft hatten», sagte der ARD-Koordinator Unterhaltung, Thomas Schreiber. Daher «werden wir im kommenden Jahr radikal neu denken müssen». Ob der Vorentscheid zurückkehre oder es ein mehrteiliges Casting geben werde, mochte er noch nicht sagen.
Die «Süddeutsche Zeitung» (Montagausgabe) berichtete unterdessen, dass von Schreiber der Vorschlag einer Kooperation des federführenden NDR mit dem Privatsender ProSieben komme. Darüber sollte dem Blatt zufolge an diesem Montag in Köln bei der Konferenz der Programmdirektoren gesprochen werden. Der NDR wollte den Bericht nicht kommentieren.
Bei ProSieben initiierte Moderator Stefan Raab erfolgreich Musikwettbewerbe wie den «Bundesvision Song Contest». Raab hatte selbst mehrfach beim Eurovision Song Contest mitgewirkt. Im Jahr 2000 erreichte er mit dem Titel «Wadde hadde dudde da» Platz 5. Bereits 1998 hatte er unter dem Pseudonym Alf Igel für Guildo Horn den Song «Guildo hat euch lieb» komponiert, der beim Grand Prix siebter wurde. 2004 schrieb er das Lied «Can't Wait Until Tonight», mit dem Sänger Max Mutzke auf den achten Platz kam.
Attacke von Grand-Prix-Altmeister Ralph Siegel
Das deutsche Grand-Prix-Duo Alex swings Oscar sings mit seinem Titel «Miss Kiss Kiss Bang» war im Finale am Samstag in Moskau nur auf dem 20. Platz unter 25 Teilnehmern gelandet. Auch die Begleitung durch Burlesque-Tänzerin Dita von Teese in knapper Corsage brachte ihnen nicht mehr Punkte von den Zuschauern und den nationalen Jurys.
Schreiber sagte, das schlechte Abschneiden der deutschen Starter könne er noch nicht erklären. Ihm sei aber aufgefallen, «dass in diesem Jahr die Titel der Unschuld gewonnen haben, Norwegen und Island etwa. Sie kamen authentisch herüber.» Vordergründiges wie der Auftritt der ukrainischen Kandidatin dagegen, die sich lasziv in einem metallenen Rad geräkelt hatte, sei "abgestraft worden».
Grand-Prix-Altmeister Ralph Siegel sagte: «Wir haben beim Grand Prix schon viele Fehler gemacht, aber nie einen so gravierenden.» Das Konzept, «mit einer Stripteasetänzerin anzutreten, war vollkommen falsch und kam überhaupt nicht an». Alex Christensen und Oscar Loya täten ihm leid. «Aber Schuld hat die Jury des NDR, die das Lied ausgesucht hat. Man sieht, dass die von internationaler Musik keine Ahnung hatte», wird Siegel zitiert. Der 63-Jährige war in diesem Jahr mit einem Song für Montenegro angetreten. Sängerin Andrea Demirovic schied mit «Just get out of my Life» bereits im Halbfinale aus.
Und was kommt jetzt?
Gewinner des diesjährigen Grand Prix ist der 23-jährige gebürtige Weißrusse Alexander Rybak aus Norwegen. Der Sänger und Geiger gewann mit dem selbstkomponierten Folkloresong «Fairytale» haushoch. Zweite wurde die 18-jährige Isländerin Yohanna mit der Ballade «Is it true?». Deutschland hat mit Nicole und dem Siegel-Titel «Ein bisschen Frieden» 1982 erst einmal gewonnen.
In diesem Jahr hatte der NDR nach dem letzten Platz der No Angels 2008 auf einen deutschen Vorentscheid und ein Publikumsvotum verzichtet und zum 54. Song Contest einen Direktkandidaten geschickt. Eine vom Sender eingesetzte Jury - bestehend aus Plattenfirmen-Chef Heinz Canibol (105music), Musiker Guildo Horn, Musikagentin Sylvia Kollek, NDR-Unterhaltungschef Ralf Quibeldey und NDR-Moderator Peter Urban - wählte den Titel aus rund 100 Bewerbern aus. (ddp)