Köln. Wie schnell kann man mit Bowlingschuhen übers Eis sprinten? Stefan Raab hat es ausprobiert und ging mit TV-Köchen, Comedians und Sportler in der ausverkauften Kölner Lanxess-Arena auf Torjagd, um den "Deutschen Eisfußball Pokal 2009". Der VfB-Stuttgart nimmt den Pokal mit nach Hause.
Wieder so ein Raab-Format...wieder hat dieser Kindskopf sich eine Spielwiese für etwas geschaffen, was er selber gerne mal ausprobieren wollte: Fußball spielen, wo sonst der Puck geschlagen wird, in voller Eishockeymontur, aber ohne Kufen. Eisfußball - eine Sportart, die Profis und Amateuren gleiche Chancen einräumt, weil Eislaufen in Bowlingschuhen eben nicht so einfach ist. Zeitlich geschickt platziert zwischen gerade erst abklingendem Bundesliga-Hype und bevorstehendem DFB-Pokal-Finale in Berlin, heißt die Show rein zufällig auch noch "DEFB"-Pokal. Und der ist ein echter Marathon.
Sehr, sehr niedlich
Der erste von drei angesetzten "Spieltagen" (so nennt Raab die Vorrunden) plätschert, naja: schlittert so dahin. St. Pauli gegen den HSV, Stuttgart gegen Frankfurt, jeweils fünf Minuten, immer fünf gegen fünf. Fußball spielende Eisläufer ohne Kufen eben. Als Fernsehzuschauer kann man sich getrost noch eine Tüte Chips aus der Küche holen. Und eine Cola. Pizza bestellen nebenbei. Man verpasst nicht allzu viel. Zugegeben, es könnte lustiger sein, wie TV-Koch und taff-Moderator, Handballer und Comedians übers Eis staksen. Gut, sie sehen dabei aus, als müssten sie äußerst dringend zur Toilette - oder, um es mit den Worten von Backstage-Fee Sonya Kraus zu sagen: "Es sieht ein bisschen schwul aus, aber sehr, sehr niedlich."
Trotzdem: Richtig peinliche Ausrutscher, wie wir sie doch alle heimlich erwartet haben, gibts kaum. Raab und Co. müssen vorher geübt haben, wie man als Kicker auf Eis cool aussieht. Wie man sich lässig aufs rutschige Spielfeld schmeißt, um dem schwimmenden Ball nachzurutschen. Und wie so ein Hackentrick auf Glatteis funktioniert. Die Performance wirkt fast ein bisschen zu professionell.
Wie im wirklichen Fußball
Das ist die andere Seite von Raabs Spieltrieb: Ist die neue Sportart erst einmal erfunden, nimmt er sie auch wahnsinnig ernst. Und entwickelt einen ungeheuren Ehrgeiz, selbst zu gewinnen. Das und der Heimvorteil seiner Mannschaft im Stadion machen die Köln-Partien in der Vorrunde immerhin zu den interessantesten: Gleich in seinem ersten Spiel gelingt Raab ein traumhaftes Kopfballtor gegen Bayern, ein Spiel später tunnelt er den Ball gegen Schalke ins Netz und bereitet einen weiteren Treffer vor, den Teamkollege Axel Stein versenkt. Aber abgesehen davon ziehen sich die Gruppenspiele der acht Vereine wie Kaugummi hin - da bringen auch Ex-Fußballer wie Mario Basler oder Thomas Helmer kaum mehr Schwung mit als Modelagent Peyman Amin.
Eigentlich hat man als Fernsehzuschauer die Show für sich abgehakt, will nach der leckeren Pizza und gefühlten 20 Stunden Eisgekicke einfach nur ins Bett gehen - aber wenn man sich dann irgendwie doch durch die drei zähen "Spieltage" gelangweilt hat, ertappt man sich dabei, das Ganze plötzlich rasend spannend zu finden. Dann möchte man wissen, ob die verhassten Bayern im letzten Gruppenspiel gegen Schalke das Ruder noch herumreißen können - herrje, sie brauchen ja nur ein einziges Tor, um dann im Elfmeterschießen um einen Platz im Halbfinale kämpfen zu dürfen. Plötzlich ist München im Halbfinale, in allerletzter Sekunde. Wie im wirklichen Fußball. So sind sie eben, die Bayern. Selbst Kommentator Frank Buschmann, in der Vorrunde noch recht verhalten ob des müden Kicks, der da abgeliefert wurde, scheint mittlerweile zu glauben, die Bayern da auf dem Platz seien die "echten": "Wenn jemand in solchen Situationen die Ruhe weg hat, dann der FC Bayern."
Raab verschießt
Irgendwo zwischen drittem Spieltag und Halbfinale hat das Turnier an Fahrt gewonnen. Dass es sich um Eisfußball handelt, ist gar nicht mehr so wichtig, wichtig ist "auf'm Platz" - und da gibt es, dem Himmel sei dank, kein Abseits, keine komplizierten Regeln, keine dauernden Unterbrechungen. Nur einen Nervenkrimi, über den man als Zuschauer endlich die Chips vergisst.
Den alles entscheidenden Elfmeter für Köln verschießt Raab höchstpersönlich - ausgerechnet gegen Elton. Danach ist irgendwie die Luft raus. Zwar gewinnt Stuttgart das Finale gegen St. Pauli mit 1:0 und ist damit erster Eisfußballpokalsieger der Menschheitsgeschichte. Aber Fredy Bobic und seine Leute müssen sich von den enttäuschten Kölner Fans ausbuhen lassen. Totenstille bei der Siegerehrung. Dass Stuttgart gewinnt, war irgendwie nicht vorgesehen, das ist der Atmosphäre deutlich anzumerken. Nicht überraschend, wenn man eine Kölner Arena mit Köln-Fans vollpackt.
Ein kleiner Trost bleibt Stefan Raab - er darf als Torschützenkönig den "Goldenen Bowlingschuh" mit nach Hause nehmen. Und entschlossen verkünden, dass beim nächsten Mal auch der Pokal nach Köln kommt. Ob es ein nächstes Mal geben wird, bleibt abzuwarten. Die Akteure hatten sicher Spaß - für die Zuschauer hätte es mehr sein können.