Essen. Der dritte Film aus der RTL-Krimireihe ist trotz interessanter Geschichte nicht so fesselnd wie die ersten Episoden.

Eine teure Segelyacht dümpelt irgendwo vor der Nordseeküste. An Bord: eine männliche Leiche mit mehreren Stichwunden, außerdem eine Frau, ebenfalls schwer verletzt; alles ist blutverschmiert. Hat der Mann die Frau attackiert und sie ihn daraufhin in Notwehr erstochen? War es umgekehrt? Aber wo ist die Tatwaffe? Oder kam der Angriff von außen? Mit letzter Kraft schießt die Frau eine Signalrakete ab. Sie wird gerettet und kommt ins Krankenhaus, wo fast noch vor der Polizei zwei Typen auftauchen, die keine Blumen mitbringen, und nun ahnt Tjark Wolf (Hendrik Duryn): Bei diesem Fall handelt es sich eher nicht um eine Beziehungstat. Die Frau heißt Aisa (Alina Levshin), stammt aus Tschetschenien und arbeitet als Escortdame für Herren aus höheren Kreisen; der Tote war zu Lebzeiten ein äußerst erfolgreicher Fondsmanager.

Weil Aisa in der Klinik nicht sicher und das nächste „Safe House“ der Polizei in Hannover ist, bringt Wolf die junge Frau kurzerhand im Großelternhaus seiner Kollegin Femke Folkmer (Pia Barucki) unter. Die ist darüber wenig begeistert, zumal die Kerle aus der Klinik nicht lange auf sich warten lassen. Gegen zwei Gegner hat Wolf keine Chance, aber Aisa weiß sich zu wehren, und der Kommissar hat jetzt ein Problem: Einer der beiden Männer ist tot, das Haus ist demoliert, und die einzige Person, die den Schlamassel aufklären könnte, ist auf und davon.

Krimis basieren auf den Büchern von Sven Koch

„Tod auf dem Meer“ ist der dritte Film aus der RTL-Reihe „Dünentod“. Die Krimis basieren auf den Büchern von Sven Koch (in diesem Fall „Dünenkiller“), die Adaption besorgte Kai-Uwe Hasenheit, der bereits an der letztjährigen Premiere („Das Grab am Strand“) beteiligt war. Die Handlung wirkt allerdings trotz krimineller Hintergrundmotive wie Geldwäsche, Korruption und Erpressung längst nicht so komplex wie andere Romanverfilmungen, auch die Spannung hält sich in Grenzen, erst recht im Vergleich zur zweiten Episode („Tödliche Falle“), einem packenden Thriller, in dem Wolf einen Anschlag auf eine Fähre verhindern will; Regie führte damals beide Male Ismail Şahin. Das hat diesmal Dominic Müller übernommen. Dessen Beiträge zu den ZDF-Reihen „Friesland“ und vor allem „Wilsberg“ sind zwar oft mehr als sehenswert, doch für Nervenkitzel sorgt in „Tod auf dem Meer“ in erster Linie die unheilverkündende Musik von Alex Komlew; selbst das Finale ist nicht sonderlich dramatisch. Die Bildgestaltung (Simon Schmejkal) ist immerhin hochwertig, aber einige Nebendarsteller wirken doch eher eifrig bemüht als wirklich talentiert.

Nach wie vor reizvoll ist hingegen das Duo von der Kripo Wilhelmshaven, auch wenn der Film das entsprechende Potenzial eher andeutet als ausschöpft: Wolf hält Aisa für die Täterin, Femke hält sie für das Opfer. Davon abgesehen geht der einsame Wolf gern eigene Wege; die gemeinsamen Szenen des Kommissars und der früheren Provinzpolizistin, die im Verlauf der ersten drei Episoden eine atemberaubende Karriere macht, bestehen überwiegend aus gegenseitigen Erklärungen des Falls. Trotzdem macht es Spaß, Barucki und Duryn zuzuschauen. Dank seines Formats klingen selbst Sätze wie „Nichts ist so wahrscheinlich wie das Unwahrscheinliche“ tiefschürfend. Sympathischerweise ist Wolf zudem kein Superheld; nach der schmerzhaften Konfrontation mit den Möchtegern-Killern wirkt er angemessen lädiert. Seine Flirts mit der Polizeipsychologin (Alessija Lause) und Femkes Begegnung mit einem früheren Mitschüler (Eugene Boateng) signalisieren frühzeitig, dass nicht mit einer Romanze zwischen ihnen zu rechnen ist. Nach zwei Staffeln mit Henning Baum als „König von Palma“ wäre es auch etwas einfallslos, Barucki schon wieder in eine Liaison mit einem alternden RTL-Star zu schicken, selbst wenn sie bereits in der Serie weit mehr als bloß „die Frau an seiner Seite“ war.

Einige lose Enden bleiben übrig

Interessant ist auch die lange Zeit so gut wie stumme Rolle von Alina Levshin als tschetschenische Rebellin. Außerdem schmückt sich der Film mit Roman Knizka als verheirateter Vermögensverwalter, der eine Affäre mit Aisa hat und in allerlei Machenschaften verstrickt ist. Schurken mit Charme hat der Schauspieler in den letzten Jahren allerdings derart oft verkörpert, dass die Besetzung im Grunde wenig originell ist. Schade auch, dass einige lose Enden übrig bleiben. Es wird zwar gleich zweimal erläutert, wie das illegale Geschäftsmodell funktioniert, aber warum die Tatwaffe verschwunden ist, bleibt ebenso ungeklärt wie Wolfs Vermutung, bei der Polizei müsse es einen Maulwurf geben, oder Aisas in der Narkose gemurmelte düstere Prophezeiung „Wir sind tot.“