Essen. Der alte Ermittler als Zaungast: Im 14. Spreewald-Krimi („Tote trauern nicht“) spielt Christian Redl eine Randfigur, auf die es trotzdem ankommt.
„Wir leben, als hätten wir alle Zeit der Welt, und vernachlässigen, worauf es wirklich ankommt. Was bleibt, sind die verpassten Gelegenheiten. Sie hinterlassen schwarze Löcher, und aus ihnen kriechen die Dämonen“: Der kurze Monolog ist die Schlüsselszene dieses Films. Der 14. „Spreewaldkrimi“, (28.03. ZDF, 20.15 Uhr) ist der erste, der nicht nach einem Drehbuch von Thomas Kirchner entstanden ist, aber Stephan Brüggenthies bleibt dem Geist der Reihe treu. Das gilt auch für Jan Fehses Umsetzung: Wie gewohnt treiben Buch und Regie ein Verwirrspiel mit verschiedenen Zeitebenen. Wer dieses Erzählmuster nicht kennt, wird der ersten Hälfte des Films zwangsläufig etwas verwirrt folgen: Ein Mädchen ist mal tot und mal lebendig, und eine Frau wandert gar als Geist durch die Geschichte.
Der heimliche Star des Spreewald-Krimis steigt auf
Vor einigen Jahren ist die kleine Marie beim Versteckspiel auf tragische Weise ums Leben gekommen. Als ein Mann auf ähnliche Weise stirbt, wird klar, dass es einen Zusammenhang gibt; aber welchen? Thorsten Krüger (Christian Redl) ist nach dem Tod seiner Freundin Marlene (Claudia Geisler-Bading) in den Ruhestand gegangen und bloß noch Zaungast. Die Rechtsmedizinerin ist allerdings nach wie vor Teil seines Lebens und taucht immer wieder bei dem Bauwagen auf, in dem er jetzt wohnt. Die Ermittlungen leitet sein früherer Kollege Fichte. Thorsten Merten war schon immer der heimliche Star der Reihe und rückt jetzt ins Zentrum; das war die erste gute Idee der Verantwortlichen. Die zweite war die Rückkehr von Luise Bohn (Alina Stiegler). Die junge Polizistin, damals in Ausbildung, war schon in der vorletzten Episode Teil des Teams. Nun hat sie die Polizeischule absolviert, trifft aber nicht nur auf Freunde, weil sie in „Zeit der Wölfe“ ihren verbrecherischen Vater, einen Bundespolizisten, verraten hat. Darauf baut das Drehbuch auf, um der jungen Frau das Leben schwer zu machen.
Da die Geschichte in ihrem Kern recht überschaubar ist, lebt der Film vom Verwirrspiel sowie von den Begegnungen zwischen den Lebenden und den Toten. Mystischer Hintergrund ist die wendische Sage vom Bludnik, einem Irrwisch, der durch den Spreewald streift; seine Anwesenheit verrät sich durch lilafarbene Lichtpunkte, die wie Konfetti in der Luft tanzen. Der trauernde Krüger nimmt die Irrlichter gleich mehrfach wahr, und jedes Mal kündigen sie ein Auftauchen Marlenes an, oft auch der kleinen Marie.
Der Tote war ein Naturschützer, der gegen ein Riesen-Projekt kämpfte
Ähnlich betrüblich ist die zweite Ebene mit Maries Eltern Jasmin und Gerald (Sophie Lutz, Jan Krauter), die seit dem Tod der Tochter keinen Sinn mehr im Leben sehen. Die ohnehin kriselnde Ehe ist an dem Verlust zerbrochen. Krügers verbitterte Erkenntnis gilt daher auch für Gerald, der sich im Nachhinein wünscht, mehr Zeit mit seiner Tochter verbracht zu haben, statt dauernd für ein Projekt unterwegs zu sein, das die größte Infrastrukturmaßnahme der Region darstellt. Der Tote, Chris (Remo Schulze), ein Naturschützer, hatte gemeinsam mit anderen gegen dieses Projekt gekämpft. Seine Leiche ist bis zu Krüger getrieben, was Fichte mit der trockenen Feststellung kommentiert, jetzt kämen die Toten schon zu ihm; er ahnt nicht, wie recht er damit hat.
Bewertung: vier von fünf Sternen