Essen. In „Der König von Palma“ spielt Henning Baum einen frustrierten Autohändler aus Dortmund, der die Schnauze voll hat vom Ruhrpott und neu anfängt.

Diese Frisur. Und der Ohrring erst. Himmel hilf. Haben wir tatsächlich mal solche bunten Hemden getragen, wie dieser mit Muskeln bepackte Mann auf dem Bildschirm? Wie heißt diese Serie? „Der König von Palma“ (RTL, Freitag, 15. April, 20.15 Uhr). Na, das kann ja was werden.

Wird es aber nicht. Zumindest nicht so, wie man denkt. Schon der Anfang ist anders als erwartet. Keine Komödie, eher Krimi. Schüsse fallen, eine Finca wird gestürmt, verstört weint ein Kind. Schnitt, zwei Finger, die die Aufnahmetasten eines Kassettenrekorders drücken und eine Frauen-Stimme, die im Rückblick erzählt, wie es zu der Finca-Attacke kommen konnte.

So reist man zurück in ein gut nachgestelltes Jahr 1990 und lernt Matti Adler (Henning Baum) kennen. Frustrierter Autoverkäufer in Dortmund ist er, hat aber die Schnauze voll vom Ruhrpott. Raus will er, mal was anderes machen. Kneipe eröffnen vielleicht. Wo es warm ist. Auf Mallorca zum Beispiel. Spanisch? Spricht er nicht. Geld? Hat er kaum. Eigentlich einer für die Aussteiger-Doku „Goodbye Deutschland“.

Aber hier weht der Wind rauer. Denn als Matti ein heruntergewirtschaftetes Lokal abseits des Ballermann entdeckt, schlägt er alle Warnungen in den Wind, pumpt sich Geld, verkauft zum Entsetzen von Ehefrau Sylvie (Sandra Borgmann) und der zwei Kinder das Haus im Ruhrgebiet, holt die Familie nach „Malle“ und eröffnet den „Bieradler“. „Wird schon“, sagt Matti. Wird es aber nicht. Denn wo immer es geht, werfen ihm die Einheimischen Knüppel zwischen die braungebrannten Beine. Stinkender Fisch vor der Tür zählt da noch zu den harmloseren Dingen.

„Der König von Palma“: Ballermann statt Balaton

Zum Glück gibt es da noch Bianca (Pia Micaela Barucki) aus Leipzig, die den ersten Sommer nach dem Mauerfall zumindest ein Wochenende am Ballermann statt am Balaton verbringen will. Bisschen naiv, aber nett. Aus dem Kurztrip des sächselnden Schlagerfans wird ein Daueraufenthalt – inklusive Anstellung im „Bieradler“, den sie mit immer neuen Ideen in Schwung bringt. Irgendwann singt dann dort auch Costa Cordalis, gespielt von Sohn Lucas.

So geht es mal auf und mal ab am Ballermann. Manchen Nebenstrang hätte es nicht gebraucht, auf einige Klischees hätte man ebenfalls verzichten können. Ein paar kleine Logiklöcher gibt es auch, aber das alles ist nicht so schlimm. Denn all das wird bei vielen Zuschauern untergehen in der Erinnerung an eine Zeit, in der es weder Handy noch Internet gab und Männer sich noch trauten, ein Auto aus Wolfsburg zu fahren, das aussah wie ein zu groß geratenes Erdbeerkörbchen. Und ganz aus der Luft gegriffen sind die Ereignisse auch nicht. Die Serie erzählt zwar keine wahre Geschichte, ist aber inspiriert vom Leben des Manfred Meisel, dem deutschen Wirt des legendären „Bierkönig“, der 1997 von bis heute unbekannten Tätern auf seiner Finca ermordet wurde.

Mit Ruhrpott-Charme und -Schnauze

Henning Baum spielt den leicht prollig angehauchten Gastronomen in einer Mischung aus „Hoppla, jetzt komm ich“-Attitüde und Verletzlichkeit. Und Sandra Borgmann ist großartig als bodenständige Ehefrau mit Ruhrpott-Charme und -Schnauze, die nicht weiß, ob sie ihren Mann nun bewundern oder verfluchen soll.

Zwischendurch aber geht der Handlung ein wenig die Puste aus. Und manches in den sechs Folgen - RTL sendet jeweils zwei am 15., 18. und 19. April - ist holzschnittartig und vorhersehbar, das Ende dieser dennoch unterhaltsamen Mischung aus Krimi, Ehedrama und Aussteiger-Abenteuer aber überrascht. Jedenfalls bleiben Fragen. Viele Fragen. RTL hat schon angekündigt, sie in einer zweiten Staffel zu beantworten.

Bewertung: Drei von fünf Sternen.