Essen. Die Krise trifft die Privaten mit Wucht. Folgen: mehr billiges Wegwerf-Fernsehen, weniger teure Eigenproduktionen. Dabei sind Filme, Serien, SitComs der Sender oft besser als ihr Ruf. „Crashpoint – 90 Minuten bis zum Absturz” (Montag, ProSieben, 20.15 Uhr) steht dafür als gutes Beispiel.

Für seinen Katastrophenfilm hat sich der Münchner Sender wieder einmal Berlin ausgesucht, ausgerechnet. Bereits 2006 ließ ProSieben einen „Tornado” auf die Hauptstadt zurollen, im Jahr darauf loderte ein „Inferno” im Alex. Jetzt düst ein außer Kontrolle geratener Ferienflieger auf Deutschlands größte Stadt zu.

Im Gegensatz zu den beiden Vorgängern ist der aktuelle Katastrophenfilm keine filmische Katastrophe. Im Gegenteil: Der „Tatort”-erprobte Regisseur Thomas Jauch geht souverän mit den Spielregeln des Genres um – und mit den Spielregeln eines schmalen TV-Etats. Mag sein, dass die Produktion im Vergleich zu Leinwand-Epen preiswert war, billig ist sie nie. Die notgedrungen schlichten Computer-Animationen setzt Jauch sparsam ein. Stattdessen setzt er auf ein hervorragendes Ensemble, das das konventionelle Drehbuch von Marc Hillefeld packend umsetzt. Mehr noch: Die Story berührt.

Spannung von Anfang an

Gleich nach dem Start kollidiert ein Airbus auf dem Weg nach Berlin mit einer Propellermaschine. Während das kleine Flugzeug abstürzt, steigt der Ferienflieger mit einem Loch im Bauch steuerungslos. Wenn die Strömung reißt, droht der Absturz. Werden die Piloten die Katastrophe abwenden können?

Das Drama beginnt in Nizza an der französischen Côte d'Azur. Doch Regisseur Jauch lässt keine Urlaubsstimmung aufkommen. Bereits die Eingangbilder vermitteln Unruhe, deuten die Konfliktpotenziale an, bei den Passagieren wie bei den Piloten. Peter Haber lässt seinen Chefpiloten auf dem schmalen Grad zwischen Abgeklärtheit und Konkurrenzangst wandeln; ein Sturzflug, der in buchstäblich letzter Sekunde glimpflich endete, lastet auf ihm wie ein Zementsack. Max von Pufendorf changiert als sein Rivale zwischen nassforsch und unsensibel – ein perfekter Gegenpart.

Die Prüfung des Lebens bestanden

Unter den Passagieren gelingt Bernadette Heerwagen ein schauspielerischer Höhenflug. Als Medizinstudentin durchs Examen gerasselt, besteht sie in einem Klima von Blut, Angstschweiß und Tränen die Prüfung des Lebens. Auch Michael Grimm glänzt als dicklicher Elektroingenieur. Der Angsthase beweist Mut in der Stunde der Not.

Um Emotionen zu wecken, kommt es neben der schauspielerischen Leistung auf die Bilder an. An Bord eines Fliegers müssen sie ein Gefühl von Enge und Platzangst vermitteln. Dieses Problem löste Roland Suso Richter in „Mogadischu” vorbildlich. Jauch und sein Kameramann Peter Krause orientieren sich erkennbar daran – und es tut dem Film gut. Mehr davon!