Essen. . Joachim Król und Nina Kunzendorf beim “Tatort“ aus Frankfurt sind Geschichte - zwei neue TV-Ermittler haben Premiere. Sie sind erstaunlich normal.

Das neue Büro ist noch nicht bezogen, da werden sie schon zu einem Tatort gerufen. Mutter, Vater, Sohn liegen erschossen in ihrem Haus, die Tochter und deren Freundin sind verschwunden, in der Musikanlage läuft eine CD in Endlosschleife. Waren die Verschwundenen Zeugen? Sind sie geflohen, sind sie entführt worden, oder haben sie selbst etwas mit den Morden zu tun?

So beginnt „Kälter als der Tod“, der erste Fall der beiden neuen Tatort-Ermittler in Frankfurt. Paul Brix (Wolfram Koch) und Anna Janneke (Margarita Broich) heißen sie und müssen zum Auftakt nicht nur einen Täter finden, sondern auch sich selbst. Denn laut Drehbuch sind sie kein eingespieltes Team, sondern beide neu im Dezernat. Er ein alter Hase, der gerade von der Sitte zur Mordkommission gewechselt ist, sie eine Quereinsteigerin, die zuvor bei der Berliner Polizei als Psychologin arbeitete. Zur neuen Stammbesetzung gehören auch Roeland Wiesnekker, der einen wunderbar griesgrämigen Leiter des Kommissariats gibt, und die transsexuelle Französin Zazie de Paris in der Rolle von Brix’ Vermieterin.

Die neuen Kommissare sind weder Egomanen noch Stinkstiefel

Die neuen Kommissare sind für einen „Tatort“, speziell für einen aus Frankfurt, überraschend normal. Dort waren ja zuletzt Frank Steier (Joachim Król) und Conny Mey (Nina Kunzendorf) im Einsatz – und das schon mal verhaltensauffällig. Ihre Nachfolger sind das nicht. Sind keine Egomanen, nicht mal Stinkstiefel. Ohne dunkle Geheimnisse und nur mit harmlosen Marotten, manchmal sogar einfach nur nett. Janneke ist manchmal sogar zu nett, fast ein wenig trutschig. Trinkt gerne Kräutertee und achtet auf gesunde Ernährung. Nicht unbedingt eine Ermittlerin, vor der sich Kriminelle fürchten. Das verwundert um so mehr, wenn man weiß, dass Florian Schwarz (Regie) und Michael Proehl (Drehbuch) hinter diesem Film stehen, die im vergangenen Jahr Ulrich Tukur durch „Im Schmerz geboren“ jagten, den wohl meistdiskutierten Tatort der letzten Jahre.

„Kälter als der Tod“ aber ist von seiner Grundausrichtung her konventionell. Ein Krimi, bei dem es um den Fall geht, nicht um die, die ihn lösen. Schade nur, dass dieser Fall zwar eine solide Grundidee hat, mit zunehmender Dauer aber ausfranst. Tochter und Freundin sind relativ schnell gefunden. Doch ihre Befreiung wirft mehr Fragen auf, als sie Antworten gibt. Da gibt es ein verschwundenes Päckchen, einen merkwürdigen Onkel und ein dunkles Familiengeheimnis. Ein bisschen weit her geholt ist manches, manchmal wird es gar unglaubwürdig. Schlimmer aber ist, dass das Drehbuch viel zu viel in die zur Verfügung stehenden 90 Minuten packt.

Familiendrama, verschwundene Frauen, Stalking, Inzest – vieles wird angeschnitten, kaum etwas wird ausgerollt.

Ungewöhnliche visuelle Mittel

Allerdings wird all das mit ungewöhnlichen visuellen Mitteln erzählt. Mal teilt sich der Bildschirm, mal werden SMS-Nachrichten als Sprechbasen auf den Fernseher projiziert. Dann wieder fantasieren sich Brix und Janneke in die Tatszenerie hinein, lassen Tote lebendig werden, um zu sehen, wie sie getötet worden sind. Ja, in britischen und amerikanischen Serien wie Sherlock oder 24 ist so etwas längst üblich, für einen „Tatort“ aber eher die Ausnahme als die Regel. Und für manch älteren Zuschauer könnte das gewöhnungsbedürftig sein

Fazit: Weniger wäre mehr gewesen. Kein Debakel, aber auch kein furioser Auftakt für die Neuen aus Frankfurt. Die tolle Bildsprache rettet den etwas konstruierten, überfrachteten Fall. Die Figuren sind nicht uninteressant, ihre Dialoge aber wirken manchmal etwas künstlich. Wir geben drei von fünf Sternen.

ARD, Sonntag,, 17. Mai, 20.15 Uhr