Dortmund. Beim neuen Tatort aus Dortmund löst die Leiche eines Fallschirmspringers vor dem Klinikum Fragen aus. Kommissar Faber und sein Team wollen sie klären.

Plötzlich liegt ein Schwerverletzter vor der Notaufnahme des Dortmunder Krankenhauses, und niemand weiß, wie er da hingekommen ist. Es scheint fast so, als habe sich der stark blutende Mann seine Verletzungen durch einen Sturz aus respektabler Höhe zugezogen. Noch atmet er, aber seine Überlebenschancen tendieren gegen null.

Der sechste „Tatort“ aus Dortmund beginnt demnach mit einem satten Aufschlag, aus dem ein spannendes Spiel sich entwickeln könnte. Zumal alsbald feststeht, dass das Opfer einem Fallschirmspringer-Club angehörte, dessen Mitglieder sich ihren Kick inzwischen beim Base-Jumping holen, beim Springen aus relativ geringer Höhe also.

Die Tätersuche verliert an Reiz

Doch der Fall selbst gerät in Züli Aladags Film sehr schnell ins Hintertreffen, denn eigentlich dreht sich hier bald alles nur noch um die Befindlichkeiten des Dortmunder Ermittlerquartetts.

Martina Bönisch (Anna Schudt), sonst keinem One-Night-Stand abgeneigt, sorgt sich um ihren 15-jährigen Sohn, der seit drei Tagen verschwunden ist.

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Nora Dalay (Aylin Tezel) wäre nach Abtreibung und Trennung von ihrem Lebensgefährten eigentlich alles andere als dienstfähig. So aber verleugnet sie bei den Fallschirmspringern ihre polizeiliche Identität, stürzt sich stattdessen selbst im Tandemsprung in die Tiefe und hat Sex mit einem potenziell Verdächtigen.

Der eifersüchtige Ex-Freund und Kollege Daniel (Stefan Konarske) beschattet sie derweil unentwegt, fotografiert dabei wie wild und verpetzt sie bei den Vorgesetzten.

Und was macht der Borderline-Fahnder Faber (Jörg Hartmann), mit seinen Ausfällen, sonst das Alleinstellungsmerkmal der Dortmunder Ermittler? Den hat man offensichtlich diesmal mit Psychopharmaka ruhig gestellt, denn er nimmt sich verblüffend verständnisvoll der Witwe des Sterbenden an und entwickelt Vatergefühle für dessen kleinen Sohn.

Keine Spannung bei der Ermittlung

„Schwerelos“ lautet der Titel dieser verkappten Therapiesitzung, bei der sich alle Stammfiguren des Dortmunder „Tatorts“ irgendwie im freien Fall befinden. Die Regie bemüht sich sehr um die Akzentuierung all dieser Konflikte, weil die Tätersuche allmählich jeden Reiz verliert. Seit der manipulierte Fallschirm des Opfers in einer stillgelegten Hochofenanlage entdeckt wurde, reduziert sich das Interesse der Polizei verständlicherweise auf die restlichen Clubmitglieder. Der Zuschauer aber, der dank Krimi-Dauerberieselung inzwischen gelernt hat, Großaufnahmen richtig zu deuten, ist derweil ohnehin längst am Ziel.

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„Schwerelos“ ist der erste Dortmund-Fall, der nicht mehr aus der Feder von Jürgen Werner stammt. Als Drehbuchautor zeichnet diesmal Ben Braeunlich (36) aus Berlin verantwortlich, der das Base-Jumping als Abbild unserer modernen Leistungsgesellschaft begreift. „Der Sprung in die Tiefe“, erklärt er, „ist ein kontrollierter Kontrollverlust und ein gelebter Eskapismus, der perfekte Ausdruck für eine überforderte Generation auf der Suche nach Identität.“

Bei solchen Sätzen atmet man erst einmal tief durch. Und hat dann endlich begriffen, dass man bei so viel Proseminar im Kopf nicht auch noch für Spannung sorgen kann.

Fazit: Wieder ein „Tatort“, der sich hauptsächlich mit den wuchernden Problemen im Privatleben der Ermittler beschäftigt. Kann man machen, aber dann müsste parallel zumindest ein Fall mit sicherem Spannungspotenzial vorhanden sein.

ARD, 20.15 Uhr