Leipzig. Das „Tatort“-Paar blieb oft unter seinen Möglichkeiten. Zum Abschied aber legte Drehbuch-Autor Sascha Arrango Wuttke und Thomalla einen starken Fall hin.
Natürlich muss es im letzten Leipziger „Tatort“, dem 21. seit 2008, noch mal so richtig krachen. Da bölken sich Keppler und Saalfeld in der Polizeikantine an, dass die Tische wackeln und die Kollegen staunen. Und dabei liebt der Andreas die Eva doch noch immer, er sagt es ihr sogar einmal. Und sie? Sagt: „Ich hasse dich.“ Ob sie’s so meint? Abwarten.
Dieses Paar, privat getrennt und beruflich zwangsvereint, ist zu oft unter seinen Möglichkeiten geblieben, als dass man ihm nun nachweinen möchte. Sascha Arango aber, der zu den guten Krimi-Drehbuchschreibern gehört, und Regisseurin Claudia Garde haben den beiden mit dem Film „Niedere Instinkte“ immerhin einen starken Abgang verpasst.
Ein Kind wird vermisst
Es ist vor allem der große Martin Wuttke, dem hier die Bühne für ein paar Auftritte bereitet wird, die uns für Augenblicke ins Theater entführen und der die oft kritisierte, diesmal aber seriös aufspielende Simone Thomalla zur Seite drängt. Er spricht als Chronist mit uns durch den offenen Kühlschrank über den Sinn des Lebens oder wenn er bis zu den Knien im Wasser steht, weil in seiner Wohnung die Rohre geplatzt sind – ein Regieeinfall, den Wuttke mit spürbarem Vergnügen nutzt. Und wenn er zu einer Christusfigur in seiner Ermittlungsnot sagt: „Na, willst du heute mal eine Aussage machen?“, dann sind ihm die Lacher sicher.
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Sascha Arango hat den beiden Kommissaren aber auch einen hintergründigen und spannenden Fall zum Abschluss aufgeschrieben. Ein vermisstes Kind suchen sie, und die Bösen leben in der Nachbarschaft. Arango, der die Seelen seiner Figuren mit Eleganz auszuloten pflegt, lässt den Zuschauer über die Täter nur ein paar Minuten im Unklaren, denn die Frage nach dem Warum interessiert ihn stärker als das klassische Krimi-Ratespiel. Das ist freilich keine Premiere in einem „Tatort“, aber immer noch eher die Ausnahme.
Ein Mittelstandspärchen, großartig gespielt von Susanne Wolff und Jens Albinus, das selbst keine Kinder bekommen kann, hat die Kleine auf dem Schulweg entführt und daheim in eine Art Verlies gesperrt, das wie ein puppiges Kinderzimmer eingerichtet ist. Masken tragen die beiden, wenigstens eine Weile wollen sie die vermeintlichen Freuden des Elternseins auskosten. Ein Wahnsinn, funktionieren kann das natürlich nicht.
Bester Fall seit Jahren
Keppler und Saalfeld haben es aber auch sonst mit Exoten zu tun. Denn die Eltern des Mädchens (Picco von Groote und Alexander Scheer) sind kaum eine Hilfe, flüchten sich mit ihrer etwas klischeehaft geratenen Glaubensgemeinschaft in endlose Gebete. Als die Polizisten über einen Massengentest nachdenken, geraten die Dinge in Bewegung.
Die Tatort-Kommissare
Regisseurin Claudia Garde beweist ein gutes Gefühl für eine Prise Grusel, die mit dieser unberechenbaren Entwicklung im Haus der Entführer einhergeht. Humorversuche zum Ausgleich mit Saalfeld und Keppler, der für ein paar Tage bei der hübschen Nachbarin seiner Ex einzieht, wirken etwas bemüht. Aber das lässt sich verschmerzen.
Fazit: Ein Abschied mit Format. Das war Saalfelds und Kepplers bester Fall seit Jahren.