Stuttgart. . Kumpanei bei der Polizei im “Tatort Stuttgart“: Bootz (Felix Klare) steckt nach einem Todesschuss bei einer Geiselnahme in einem Loyalitätskonflikt. Doch was hat sich wirklich zugetragen? Regisseur Till Endemann erzählt die Geschichte spannend. Zudem ist der Krimi gut besetzt.

Wie weit darf die Loyalität bei der Polizei gehen? Lügen bei Ermittlungen, wenn man den Kollegen damit rettet? In Till Endemanns Stuttgarter Tatort „Eine Frage des Gewissens“ (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD) entwickelt diese Frage ihren Reiz: Denn die beiden Polizisten, um die es geht, sind ja nicht unsympathische Randfiguren, denen irgendein Held der Behörde nun endlich das Handwerk legt. Es sind Lannert und Bootz, die beiden Kommissare der Reihe.

Selbst die Geisel muss passen

Beinahe brachial, ohne jegliches Vorspiel steigt dieser Tatort ein. Ein Supermarktüberfall samt Geiselnahme, Lannert (Richy Müller) erschießt den Räuber, es scheint, als hätte er keine Alternative. Oder doch? Bootz (Felix Klare) hat den entscheidenden Augenblick nicht gesehen, und wird es später dennoch behaupten. Denn gegen seinen Kumpel wird ermittelt. Ein ebenso ehrgeiziger wie eitler Anwalt (Michael Rotschopf) und seine Frau und Kollegin (Caroline Ebner), von der Mutter (berührend: Gisela Straehle) engagiert, wollen den Todesschützen vor Gericht bringen. Brauchbare Zeugen scheint es erst einmal nicht zu geben, selbst die Geisel, ein Wachmann, muss passen.

TatortEndemann zieht den Betrachter geschickt mit rein ins moralische Dilemma. Der hält natürlich zu den beiden Jungs, zumal die juristischen Gegenspieler als selbstgerechte Schnösel inszeniert werden. Die aber beugen im Gegensatz zu Bootz nicht das Recht. Im Gegenteil: Ist es nicht aller Ehren wert, möglicher Kumpanei bei der Polizei auf die Schliche zu kommen, ganz unabhängig davon, wer das Opfer ist?

Schwelender Konflikt zwischen den Kommissaren

Eine Zeugin wird getötet, der Supermarktüberfall war nicht die Tat eines Einzelnen, wie sich herausstellt, aber das Drehbuch von Sönke Lars Neuwöhner und Sven Poser konzentriert sich auf die Auseinandersetzung mit den Anwälten und den schwelenden Konflikt zwischen den beiden Polizisten, und das ist durchaus spannend. Vor allem als Lannert herausbekommt, dass sein Kollege für ihn falsch ausgesagt hat. Soll er ihm dafür danken, obwohl es gegen das Gesetz ist und obwohl es die Lage für ihn verschlimmern kann?

Für Felix Klare ist der lügende Kumpel eine dankbare Aufgabe, die er überzeugend löst. Bootz, der Geschiedene, ist der Labile, der Zerrissene, und auch wenn das mit einer vermüllten Wohnung und der Sauferei am Tresen samt Rauswurf aus der Kneipe überdeutlich orchestriert wird, funktioniert die kleine Charakterstudie ganz gut. Richy Müller tritt zwangsläufig ein Stück dahinter zurück. Auch er gibt diesmal den Angeschlagenen, der sich aber stets im Griff zu haben scheint.

Endemann zieht es routiniert durch. Wenn man diesem „Tatort“ etwas vorwerfen möchte, dann ist es der Kniff, mit dem sich am Ende dann doch alles in Wohlgefallen auflöst. Da hätte man sich mehr Mut gewünscht. Das darf man sagen, ohne den Ausgang der Geschichte damit verraten zu haben.