Berlin/München. Jeder kennt ein Lied von Christian Bruhn. Vermutlich auch zehn, oder 100. Wenige aber kennen den Namen des Komponisten, der jetzt 80 Jahre alt wird. Er hat Dutzende Schlager geschrieben - und die Titelmelodie von Trickserien wie “Heidi“, “Captain Future“ oder “Wickie“.

Rund 100 Werbemelodien - zum Beispiel für die Bausparkasse LBS oder die Milka-Schokolade - sind nur ein Ausschnitt aus dem riesigen Schaffen des vielbeschäftigten Komponisten Christian Bruhn. Zeichentrickserien wie "Captain Future", "Heidi" oder "Sindbad" blieben auch wegen Bruhns markanter Soundtracks im Kopf.

Mit "Marmor, Stein und Eisen bricht" schuf er schon in den 60ern einen Schlagerklassiker. Dank Bruhns "Ein bißchen Spaß muss sein" ist Roberto Blanco ein Star. Und für Katja Ebstein schrieb der Komponist "Wunder gibt es immer wieder" und heiratete sie - eine von fünf Ehen.

"Ich bin ein schlechter Geschäftsmann"

Doch kaum einer kennt den Mann, der etwa 2000 Lieder verfasste. "Ich bin ein ziemlich schlechter Geschäftsmann", schreibt der Komponist, der in München lebt und am Freitag, 17. Oktober, 80 wird, auf seiner Webseite. Er will groß feiern, mit 150 Gästen, großer Bühne und viel Musik.

"Ich freue mich, wenn ein Lied von mir gespielt wird", sagt Bruhn in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. "Aber ich selbst bin der Macher im Hintergrund." Einfälle habe er eigentlich immer, hat Bruhn mal gesagt, ob morgens im Badezimmer, mittags im Flugzeug oder abends am Flügel. Bereits als Vierjähriger hat er zu Hause Klavier gespielt. "Musikalität ist ein angeborenes Talent. Dafür kann man nichts, das ist eine Gabe, vom lieben Gott oder wem auch immer."

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Das Elternhaus in Wentorf östlich von Hamburg war bildungsbürgerlich. Dennoch absolvierte Bruhn erst einmal eine Lehre als Maler. "Aus mir schien nichts zu werden. Da haben meine Eltern beschlossen, dass ich eine Handwerkslehre machen sollte", sagt er. Währenddessen studierte er weiter Musik "und bin natürlich bei der Musik geblieben".

Erst Jazz, dann Schlager

Später führte ihn sein Weg über ein Studium in Komposition, Klavier und Klarinette zuerst in Jazz-Combos und dann ins Schlagergeschäft.

In den Jahren darauf folgte Hit auf Hit. Bruhns Komposition "Zwei kleine Italiener" für Cornelia Froboess ging in Europa 1962 mehr als 1,2 Millionen Mal über die Theke. "Marmor, Stein und Eisen bricht" für Drafi Deutscher wurde mehr als eine Million Mal verkauft.

"Drafi Deutscher kam 1965 in das Verlegerbüro. Und er hatte diesen Anfang dabei mit dem "Dam-Dam"", schildert Bruhn die Entstehung. "Und dann sagte ich: "Das fängt ja sehr gut an. Wie geht denn das weiter?" Und er sagte: "Det machst Du!"" Und das habe ich dann auch gemacht."

Hochzeit mit Katja Ebstein

Ähnliche Evergreens waren "Wärst du doch in Düsseldorf geblieben" für Dorthe Kollo 1968 und "Wunder gibt es immer wieder" 1970 für Katja Ebstein. Ebstein und Bruhn lernten sich kennen und lieben. 1972 heirateten sie. Die Ehe - für sie war es die erste, für ihn die dritte Hochzeit - hielt keine fünf Jahre. "Wenn ein Komponist eine schöne Stimme hört, ist er begeistert", sagt Bruhn heute darüber. Zwar solle man das Persönliche und das Berufliche trennen. Aber: "Verdi hat auch eine Sängerin geheiratet. Das liegt so im Beruf."

Als Mitte der 70er Jahre Zeichentrickserien aus Japan nach Deutschland kamen, wurde Christian Bruhn der wichtigste Komponist des Kinderfernsehens. Die Orientklänge aus "Sindbad", der ruppige Charme des "Wickie"-Vorspanns, die drangvoll-elektronische "Captain Future"-Musik, die Schlagermelodie von "Heidi", das düstere G-Moll-Thema aus "Timm Thaler" - all das stammt aus Bruhns Feder.

"Ich hab immer gemeint, dass man Kindern sehr viel mehr zutrauen kann als nur "kindgemäß" zu komponieren." So sei diese Musik entstanden. "Ich habe ja nach wie vor Fans für diese Jugendserien. Die schreiben mir: "Sie waren der Soundtrack meiner Jugend", besonders lieben sie "Timm Thaler" und "Captain Future"", schildert der Komponist.

"Captain Future" liegt ihm am Herzen

"Captain Future" liegt ihm bis heute am Herzen. Er spielte dort das Klavier und legte Synthesizer und Streicher darüber. Seine damalige - vierte - Frau Erika sang dazu. "Sie singt den wunderbaren Sopran in der Titelmelodie. So etwas nennt man Vocalise, ein Lied ohne Worte." Science-Fiction-Fans kennen den Effekt von "Raumschiff Enterprise".

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Seine fünfte Ehefrau, eine Ärztin, hat Bruhn das Leben gerettet. Er hatte 2010 Krebs, wurde operiert und bekam eine Bauchfellentzündung. "Und die wurde aus irgendeinem Grund nicht behandelt. Mir ging es von Tag zu Tag schlechter." Schwester und Schwager kamen aus Hamburg, um ihn ein letztes Mal zu sehen, sagt Bruhn. "Da hat meine Frau darauf bestanden, dass ich am Samstagabend noch mal aufgeschnitten wurde. Sie drohte der Klinik mit dem Staatsanwalt. Ich wäre da sonst wohl verreckt. Aber ich bin nicht gestorben, sondern wieder voll fit."

"Die Leute kennen meine Lieder, aber mich nicht"

Fünf Ehen, so viele Hits, mehrere Goldene Schallplatten - und doch sieht Bruhn sein Leben nicht als Filmstoff an. "Die Leute kennen meine Lieder, aber mich kennen sie nicht. Ich habe im Jahr 2005 meine Memoiren veröffentlicht und dem Verleger gesagt: "Wenn Du mich nicht zu "Kerner" oder zu "Beckmann" bringst, dann wirst du nicht viele Bücher verkaufen. Die Leute wissen halt nicht, wer ich bin." (dpa)