Dortmund. . Das alte Museum ging vor 103 Jahren aus dem Landesoberbergamt von 1875 hervor. Und wurde nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs so umgebaut, dass es bis heute wie ein 50er-Jahre-Bau wirkt. Noch droht dem ältesten Denkmal des Strukturwandels der Abriss. Kommt das Baukunst-Archiv für NRW?

Der Abriss für das altehrwürdig Dortmunder Museum am Ostwall schien schon so gut wie beschlossen: Seitdem die Kunst in den U-Turm umziehen musste, damit der für Abermillionen sanierte Brauereibau zu Renommee und Anziehungskraft kam, steht der alte Museumsbau leer. Am morgigen Donnerstag muss sich der Dortmunder Stadtrat einmal mehr mit der Immobilie beschäftigen – sie könnte der Stadt Millionen einbringen, wenn man sie abreißt und das Grundstück in bester Innenstadt-Lage an Bauherrn für Büros oder Seniorenwohnungen verkauft.

Rapides Zechen-Wachstum

Doch das Haus, dessen größte Tugend auf den ersten Blick die Unscheinbarkeit eines 50er-Jahre--Baus ist, kann als erstes Denkmal des Strukturwandels im Ruhrgebiet gelten. Es ist nämlich – jenseits der Kirchen – der älteste Bau in der Dortmunder Innenstadt. Im Kern handelt es sich um das 1875 von einem Absolventen der Schinkel-Schule gebaute Landesoberbergamt, das die Kohlereviere im gesamten Ruhrgebiet zuteilte und wegen des rapiden Zechen-Wachstums schon bald nach der Einweihung wieder zu klein war. 1911 baute man es zum städtischen Museum für Kunst und Kunstgewerbe um, mit einem großzügigen Lichthof, wie ihn der Dortmunder Oberbürgermeister kurz zuvor bei der Einweihung des westfälischen Landesmuseums in Münster gesehen hatte.

Seine heutige Gestalt bekam das Museum, das gut 100 Jahre lang Kunst in Dortmund gezeigt hat, nachdem der Bau im Krieg unter Bombeneinschlägen gelitten hatte: Die vier Geschosse des Ursprungsbaus ließ die energische Museumsdirektorin Leonie Reygers auf zwei reduzieren, weil sei Tageslicht von oben für moderne Kunst haben wollte. Erhalten blieb dabei allerdings die genietete Stahlkonstruktion für das Glasdach des Innenhofs von 1911 – und zwar bis heute; ersetzt wurden nur die Glasscheiben. „Der Saal ist damit nicht nur einer der schönsten der Stadt, sondern auch der älteste“, sagt Sonja Hnilica. Die promovierte Architekturhistorikerin an der Technischen Universität Dortmund, Spezialistin für die Nachkriegszeit, hat den Bau einige Monate lang unter die Lupe genommen. Wesentlich länger und intensiver jedenfalls als die Denkmalbehörde, die das Gebäude 2013 nicht unter Schutz stellen wollte.

80 Prozent sind von 1875

Sonja Hnilica fand heraus, dass das Museum die Bombardierung der Dortmunder Innenstadt besser überstanden hat als vielfach angenommen. Rund 80 Prozent der heutigen Bausubstanz von den Grundmauern bis zum Dach stammen noch von 1875.

Das alles hat Hnilica in einem gerade erschienenen Buch dokumentiert, das den Rat der Stadt von einem Abriss-Beschluss abhalten sollte. Die Alternative scheint vorerst ein Aufschub zu sein. Denn noch ist nicht klar, wie das Gebäude einmal genutzt werden könnte. Dass Ende Oktober das Theaterfestival „Favoriten“ in seinen Mauern über die Bühne geht, ist nur eine Zwischennutzung.

Baukunst-Archiv für NRW

Immer wieder ist indes von Überlegungen die Rede gewesen, in dem Haus ein nordrhein-westfälisches Baukunst-Archiv einzurichten; das sollte etwa die Nachlässe der rund 30 000 Baumeister im Lande aufnehmen. Doch das scheiterte immer wieder an Finanzierungsfragen, obwohl die Landesregierung zugesagt hatte, den Löwenanteil der entstehenden Umbaukosten zu übernehmen, in Rede standen Anteile von 80 Prozent. Zudem hat sich gerade erst der Förderverein für ein Baukunst-Archiv NRW bereiterklärt, die auf 120 000 Euro jährlich geschätzten Betriebskosten eines solchen Archivs zu übernehmen, ein Businessplan darüber liegt bereits vor.

Auch interessant

Vielleicht lässt sich also doch noch eine Fehlentscheidung verhindern, wie sie der Stadtrat 1955 traf. Damals beschloss man, das ältestes steinerne Rathaus Deutschlands zugunsten einer Einkaufspassage abzureißen. Damals sprach man ihm die Denkmalwürdigkeit ab, der neugotische Giebel aus dem 19. Jahrhundert nicht stilecht sei. Heute würde man es für einen architektonischen Schatz halten.