Duisburg. Sie trotzen dem Regen - und ihr Publikum folgt. Drei Balletttänzer gehen für die Ruhr-Triennale splitternackt auf szenische Spurensuche zwischen Hochofen und Gießhalle. Am Wochenende war Premiere im Landschaftspark Duisburg. Bald geht es auf Zollverein weiter.

Nackt sind die Industrieräume in Duisburgs Landschaftspark wie die Männer, die in dieser Kulisse tanzen. In der Kraftzentrale, auf dem steinigen Platz vor dem Hochofen oder in der Gießhalle.

Andrew Hardwidge, Frank Willens und Boris Charnatz: Unbekleidet erkunden die drei Performer die leeren Räume, mit Drehungen, Sprüngen, ringen um klassisch akademische Balancen, sinken zusammen, rollen über den Boden und sprechen plötzlich mit den Zuschauern. „Ohne Titel“ nennt Tino Sehgal sein ungewöhnliches Stück über die Tanzsprache des 20. Jahrhunderts, das jetzt bei der Ruhrtriennale Premiere feierte. Sehgal, der in bei der Documenta 13 auftrat und 2013 bei der Biennale in Venedig mit dem Golden Löwen ausgezeichnet wurde, kreierte die Performance 2000 für einen Theaterraum und tanzte damals selbst. Heute lässt er tanzen.

Bis auf die schlammbedeckten Felder

„Sie bedauern wohl, dass es nicht regnet“ scherzt Frank Willens und schlackert mit Armen und Beinen im Freien, auf dem mit Kies bedeckten Platz zwischen angerosteten Röhren und Hochofen-Türmen. Tatsächlich hatten er und das Publikum Glück. Kurz zuvor, als in der Kraftzentrale der Brite Andrew Hardwidge die gleichen Schrittfolgen in der Kathedrale aus Stahl und Stein (Kraftzentrale) präsentierte, goss es kurzzeitig in Strömen.

Willens – ein Kalifornier, der in Berlin arbeitet – zeigte als zweiter Künstler, die klassischen und modernen Bewegungen. Mit Regenhäuten ausgerüstet standen die Zuschauer im Halbrund, direkt vor dem entblößten Frank, der sein Solo athletisch und ästhetisch ausweitet. Er verlässt den eingezirkelten Platz, weitet den Radius aus und schreitet durch die Publikumsreihen, hin zu schlammbedeckten Feldern. Erstaunlich, wie selbstverständlich er dabei seinen unbedeckten Körper als Instrument einsetzt.

Keine Musik, keine Geräusche vom Band

Gebannt folgt das Publikum. Keine Musik, keine vom Band eingespielte Geräuschkulisse. Im Freien wehen lediglich leichte Winde durch die Bäume. Verödete Industriedenkmäler und Natur in der Dämmerung. Mittendrin der Mensch, allein und verlassen. Ein Tänzer, der vorführt, wie der bloße Körper auf Sprünge reagiert, Eine seltsame Stille, die Frank Willens mit ironischen Kommentaren über Choreografie aufzuhellen versucht.

13./14. Sept. Pact Zollverein, Essen. Auch hier ist eine der drei Stationen im Freien. www.ruhrtriennale.de