Essen. . Von der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien können viele Musiker ein Liedchen singen: Shakira, die bereits in Afrika mit „Waka Waka“ an den Start ging, Peter Wackel schmettert einen „heißen“ Schlager und Dschungelkönigin Melanie Müller mag es knapp. Nicht alle Titel sind ein Treffer.
Über „Bereit wie nie“, den offiziellen, Mercedes-Benz-gesponserten WM-Slogan unserer Nationalmannschaft, sind schon so viele dumme, aber passende Sprüche in Umlauf, dass es auf einen mehr oder weniger auch nicht ankommt. Voilà: Es ist höchst unratsam, sich die offiziellen, halboffiziellen und ganz und gar nicht offiziellen Weltmeisterschafts-Songs in nüchternem Zustand zu Gemüte zu führen. Besser mit Eimern voller Caipirinha oder Rum.
Nun sind die musikalischen Mannschaftsanfeuerungsmaßnahmen traditionell von eher schlichter kompositorischer Güte. Und dass unser Team bis vor 20 Jahren noch selbst sang, war ja noch stets erschütternd. Und doch: Das Turnier rund um Zuckerhut und Copacabana scheint bei unseren einheimischen Songschreibern dieses Mal einen besonders heftigen Ballermann-Reiz ausgelöst zu haben. Was da alles aus dem stilistischen und textlichen Phrasenschwein herausgefingert wurde, ist höchst irritierend.
Auf geht's Deutschland...
Besonders heftig ist natürlich der Beitrag von Melanie Müller, der amtierenden Dschungelkönigin und ehemaligen Erotikdarstellerin. „Deutschland schießt ein Tor“ heißt ihr Lied, das zu 95 Prozent aus der Zeile „Auf geht’s Deutschland schießt ein Tor“ besteht und in folgender Weisheit mündet: „Fußball, das heißt Freundschaft auf der ganzen Welt / und der, der trifft, der ist für uns ein Held“. Im Video zeigt sie sich im knappen Trikot, aber auch das hilft nicht.
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Mit genauso wenig Kleidung aber noch weniger Text kommt die ewige Mallorca-Spaßbombe Loona aus. Ihr Song heißt „Brazil“ – mit Sambatrommel sowie der Zeile „Lalalalala“. Wer jetzt denkt, das kann ein internationaler Superstar aber besser, dazu noch einer, der vor vier Jahren das ganz ordentliche „WakaWaka“ gesungen hat, muss feststellen, dass Shakiras Lied genauso geht: „La La La“. Anzutreffen ist der Song auf „One Love, One Rhythm – The 2014 FIFA World Cup Official Album“. Das ist übrigens gar nicht so übel.
Der Maskottchen-Song
Sogar der offiziellste aller offiziellen Songs, nämlich „Weareone (Ole Ola)“ von Pitbull in Kombination mit Jennifer Lopez und der heißen Brasilianerin Claudia Leitte kommt recht zünftig bis schmissig daher. Auch in Ordnung geht die sogenannte „World Cup Anthem“, die von Carlos Santana und Wyclef Jean geliefert wird sowie der beinahe schon anspruchsvolle „Maskottchen-Song“ „Tatu Bom de Bola“ von Arlindo Cruz. Trotz einiger Ausrutscher, zu denen der austauschbare „Vida“-Song von Ricky Martin zählt, kann man den Geldsäcken der FIFA lobend zugutehalten, dass sie sich insgesamt erfolgreich um ein gemäßigt landestypisches Pop-Tanz-Folklore-Spektakelalbum bemüht haben.
Wer es noch authentischer mag, der greift zu „Fatboy Slim presents Bem Brasil“. Drin ist, was draufsteht: Der alte fußballverrückte Rave-Knochen Fatboy Slim alias Norman Cook hat ein Partyalarm-Album zusammengestellt, auf dem DJ-Kollegen wie Carl Cox, DJ Fresh oder eben Fatboy Slim mit neuen Songs und aufgeputschten Brasilienklassikern wie Sergio Mendes‘ „Magdalenha“ beteiligt sind. Anspruchslos, aber knallt gut.
Auch das Fernsehen lässt sich nicht lumpen. Bevor und nachdem die beiden Ollis Welke und Kahn zu Wort kommen, wird das ZDF ein neues Lied von One Republic einspielen. Das heißt „Love runs out“, kommt für One-Republic-Verhältnisse recht flott daher, was auch damit zusammenhängt, dass es fast eine Eins-zu-Eins-Kopie von Kanye Wests „Love Lockdown“ ist.
Zurück zu den deutschen Beiträgen: Während Schlagerfritzen wie Peter Wackel („Heiss drauf“) oder Fantasy („R.I.O.“) das Erwartbare liefern, enttäuscht Matze Knop. Im Fernsehen zumindest um Witz bemüht, ist sein Lied „Goldene Generation“ total banal („Die Zeit ist reif, denn wir sind stark wie nie / Let’s go Germany“). Ebenso einfallslos machen es die Hamburger Britpopdarsteller Phrasenmäher mit „Unser Jahr“. Beide Songs eint zudem, dass sie kompositorisch sehr nah dran sind an „54, 74, 90, 2006“ von den Sportfreunden Stiller.
Mit Uschi Glas im Video
Besser macht es der HipHopper Mister Santos (Massive Töne). „Das dicke, dicke Ding“ lautet der schlimmste Vorahnungen weckende Titel, doch es geht ganz flüssig zur Sache. Dass die Geldgeber-Claims „Bereit wie nie“ (man kann es jetzt schon nicht mehr hören, nicht wahr?) und „Der Stern muss her“ (Mercedes-Benz) im Song und die Faktoten Uschi Glas, Joko ohne Klaas sowie Franz Beckenbauer im Video zum Einsatz kommen, macht diese WM-Nummer natürlich nicht cooler.