Recklinghausen. Eine der großen Tragödien der Mythologie wird Opernstoff. Der Bochumer Stefan Heucke hat eine Oper um Iokaste, die Mutter des Ödipus, komponiert. Die Ruhrfestspiele bringen die Uraufführung heraus. Text und Regie verantwortet Jörg Maria Welke. Ein Vorgespräch mit den Machern.

Iokaste, Gattin des Ödipus. Nicht wissend, dass er ihr eigener Sohn ist. Und der, ebenfalls unwissend, seinen Vater einst erschlagen hatte. Eine düstere, blutige Geschichte der griechischen Mythologie. Mord und Inzucht werden verhandelt, und am Ende, wenn die Zusammenhänge offenbart werden, erhängt sich Iokaste, Ödipus sticht sich die Augen aus.

Die Kraft dieser Tragödie hat Stückeschreiber wie Komponisten gleichermaßen animiert, den Ödipus-Stoff schöpferisch zu beleuchten. So auch den Autor und Regisseur Jörg Maria Welke. Sein Schauspiel, das 2005 in Recklinghausen in kleinem Rahmen uraufgeführt wurde, ist allein auf Iokaste fokussiert. „Für mich ist sie keine Randfigur“, sagt Welke. Die Frau habe Ödipus aus Liebe geheiratet. „Doch der Fluch, der über sie und ihr ganzes Geschlecht, die Labdakiden, gekommen war, ist eben übermächtig gewesen.“

Es wird „eine Musiktragödie“

Nun bringen die Ruhrfestspiele Welkes „Iokaste“ als Uraufführung heraus. Diesmal als Oper, komponiert von Stefan Heucke. Welke nennt es „Musiktragödie“. Das dürfte damit zusammenhängen, dass dieses Werk Züge des Melodrams aufweist. Denn es setzt nicht nur auf Gesang (den Part übernimmt die Mezzosopranistin Birgit Remmert), sondern enthält auch gesprochene Passagen, die von der Essener Schauspielerin Veronika Maruhn interpretieren werden.

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Das nämlich ist der dramaturgische Kniff dieser Produktion: „Iokaste“ ist ein Zwei-Frauen-Stück, ein zwiefacher Monolog über das Schicksal der Labdakiden. Wie der Fluch zustande kam und wie letzthin alle zerstört wurden. Die anderen Beteiligten werden erwähnt, treten aber nicht auf. „Wir erzählen den Mythos erstmals komplett“, sagt Welke.

„Dramatisch, melancholisch, aber auch schwärmerisch“

Für Komponist Stefan Heucke, der 15 Monate an der Partitur gearbeitet hat, bestand die Herausforderung darin, aus der Fülle der Geschehnisse und Gefühlslagen den großen musikdramatischen Bogen zu formen. Zu Beginn setzt er ein Fluchmotiv, musikalische Wurzel allen Übels. „Der Grundton ist dramatisch, auch melancholisch und lyrisch-schwärmerisch“, sagt Heucke, alles stehe unter permanenter Spannung. Geschrieben hat er das Stück für „großbesetztes Kammerorchester“.

Das Bühnenbild (Klaus Walter Stein) ist von archaischem Charakter, mit Feuerstätten, Säulen und einem Thron. Es spielen die Duisburger Philharmoniker unter Leitung von Rüdiger Bohn. „Ein Dirigent, der die Musik in sich aufgesogen hat“, schwärmt Welke.

Auch 2015 bei den Duisburger Akzenten

Während der Ruhrfestspiele wird „Iokaste“ zwei Mal gezeigt, eine weitere Aufführung gibt es 2015 bei den Duisburger Akzenten. Welke ermuntert andere Bühnen, die gut zweistündige Musiktragödie nachzuspielen. Machbar sei das für jedes Haus. Und Stefan Heucke, befragt nach der Modernität seiner Musik, sagt: „Wer mit Schostakowitsch, Britten oder Henze vertraut ist, wird einen Zugang finden.“

Theater Marl, 8./10. Juni. Karten ab 14,50€: Tel. 0 23 61-92 180