Recklinghausen. . Das Programm der diesjährigen Ruhrfestspiele ist da. Es setzt auf ein bewährtes Rezept: Große Namen helfen, sich als Zuschauer auch unbequemen Stoffe zuzuneigen. Von Charlotte Rampling bis Katja Riemann, von Maximilian Schell bis Ben Becker sind reichlich große Schauspielernamen im Programm.
„Der hat damals neben Mel Gibson in ,Braveheart’ mitgespielt“, sagt Frank Hoffmann, als er einen irischen Schauspieler vorstellt. Es ist Barry McGovern und in der Riege der zwei Dutzend Stars, die bei der Vorstellung des Ruhrfestspiel-Programms 2014 präsentiert werden, vergleichsweise eine weniger bekannte Größe: Isabelle Huppert, Charlotte Rampling, Maximilian Schell, Claus Peymann, Ulrich Matthes, Ben und Meret Becker, Katja Riemann, Joachim Król...
Die Episode „Braveheart“ ist vielsagend. Wenn die alten Bergarbeiterfestspiele, die vor kaum noch erinnerbarer Zeit Kohle gaben und Kunst dafür bekamen, 2013 das „beste Besucherergebnis ihrer Geschichte“ verzeichneten, dann weil sie einen rechten Fuchs zum Intendanten haben. Zwar muss Hoffmann (Luxemburger, aber Doktor aus Heidelberg) von Kritikern regelmäßig hören, er sei ein bisschen langweilig, kaufe Theater nur noch ein, habe die einst berühmte Eigenproduktion in Unbedeutendheit fallen lassen... Am Ende ist es aber im Theater (dem festivalistischen zumal) wie in der Medizin: Wer heilt, hat Recht.
Programm 2014 setzt auf die bewährte Mischung
Und die Zuschauermassen mögen, was Hoffmann auftischt. Es glänzt, manches macht Laune und nicht selten trickst er das Amüsierbedürftige und Star-Sehnsüchtige im Menschen aus – wenn Filmpromis kommen, aber echt schwere Kost auf ihrem Thespiskarren ziehen. Eben darum wird die Saison 2014 sehr wahrscheinlich reich und schön, als Kompositum ist sie indes eben doch erwartbar.
„Inselreiche“ wollen die Ruhrfestspiele heuer erobern. Untertitel: „Land in Sicht – Entdeckungen“. Und natürlich ist Shakespeares „Sturm“ im Boot, mit Manfred Zapatka als Prospero. Das Münchner Residenztheater gastiert damit ab dem 3. Mai, ein Gastspiel also (Koproduktion geheißen) ist die Eröffnung – und ein ziemlich wildes Bühnenspektakel wohl.
Intendant Frank Hoffmann widmet sich Pirandello
Intendant Hoffmann deutet Wahn und Witz des sizilianischen Insulaners Luigi Pirandello mit „Heinrich IV.“ (ab 16. Mai) – viel zu selten an deutschen Bühnen zu sehen, dieses Spiel mit dem Schein in Politik und Kunst. Iren wird als Inselbewohnern bei den Ruhrfestspielen mehrfach der Hof gemacht. Sean O’ Caseys „Purpurstaub“ wird mit dem Schauspiel Stuttgart gestemmt: eine Ständeklamotte neureicher Art. Theatertreue werden sich an Traugott Buhre in Bochum gut erinnern.
Der Ire Beckett ist mehrfach vertreten. sehen wir in der berühmten Berliner „-Inszenierung wieder (ab 16.5.), „Warten auf Godot“ (ab 5. Juni). Die Inszenierung wird eines von zwei Gedenkprojekten der Ruhrfestspiele sein. Verneigt diese sich vor dem 2013 verstorbenen Regisseur Dimiter Gottscheff, der „Godot“ mit Finzi hatte inszenieren wollen, gilt das zweite Gedenken Otto Sander. Meret und Ben Becker, seine Ziehkinder, die ihn ihren wahren Vater nannten, gestalten den am 27. Mai.
Opern-Uraufführung und die „Brüder Karamasow“ als Ballett
Die Petersburger -Truppe wird Dostojewskis Brüder Karamasow vertanzen (ab 11.6). Und lauter große Schauspielerinnen erheben Stimme und durchaus Ansprüche: kommt mit Inszenierung von Marivaux’ „Falschen Vertraulichkeiten“. Wer Charlotte Rampling sehen will, muss Texte von Silvia Plath hören, dazu Musik von Britten: Ihr Nachtstück heißt „Danses Nocturnes“. Während Joachim Król Bergmans „Szenen einer Ehe“ spielt, spürt Katja Riemann dem Männlich-Weiblichen in Virginia Woolfs nach. Barbara Nüsse wird ihren legendären Penelope-Monolog („Ulysses“) des Iren James Joyce nach vielen Jahren wieder sprechen.
Große Oper lockt („Iokaste“ von Stefan Heucke mit Duisburgs Philharmonikern), viele Experimente und Uraufführungen. Es gibt Zirkus und Kabarett im Zelt. Das Paket ist geschnürt. Öffnen werden es viele Tausend. Das ist sicher.