Berlin. Die 80er-Jahre-Kultband Culture Club will in diesem Jahr ein Comebackversuch starten. Wieder mit dabei: der ehemalige Sänger der Gruppe, Boy George. Die Band um den extravaganten Frontmann will dann auch gleich ein neues Album aufnehmen.

George Alan O´Dowd, in den 80ern androgyner Frontmann des Culture Club, empfängt in ei­ner Suite des Berliner Soho House und ist kaum wieder zu erkennen: Rank, schlank und geradezu erschreckend aufgeräumt.

Keine Spur mehr von der aufgedunsenen, skandalumwitterten Diva der letzten drei Dekaden, die mit harten Narkotika, angeketteten Callboys, Sozialstunden als Straßenfeger und mehrmonatigem Knast für Schlagzeilen sorgte.

Im Gegenteil: Wie Boy George mit 52 Jahren noch einmal die Kurve gekriegt hat – das erzählte er Marcel Anders im Interview.

Angeblich ist „This Is What I Do“ Ihr erstes Album seit 18 Jahren. Dabei haben Sie zwischenzeitlich – unbemerkt von der Öffentlichkeit – noch vier weitere veröffentlicht. Waren die so schlecht, dass Sie die lieber unterschlagen?

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Boy George: (lacht) Ganz so schlimm ist es nicht. Aber es ist tatsächlich das erste Studio-Album seit langer Zeit – zumal mit einer richtigen Band. Was das betrifft, dürfte „Cheapness And Beauty“ das letzte gewesen sein. Denn Sachen wie „U Can Never B2 Straight“ waren ja lediglich Zusammenstellungen von Archivmaterial.

Bedeutet die Rückkehr zum Pop auch, dass Sie erst einmal genug von der Dance-Musik der letzten drei Dekaden haben?

George: Nicht im Geringsten. Für mich ist Dance eher ein Paralleluniversum. Und als DJ lege ich auf der ganzen Welt auf. Das hat sich in den letzten 25 Jahren zu einer unglaublichen zweiten Karriere entwickelt. Von daher würde ich das auch nicht so schnell aufgeben.

Welches ist der derzeit heißeste Club der Welt? Welchen empfehlen Sie?

George: Ganz klar „La Troya“ auf Ibiza. Ich habe da die letzten zwei Jahre im Sommer aufgelegt – vor 8000 Leuten pro Abend. Das ist der Wahnsinn. Geradezu spektakulär – mit nackten Jungs, Transvestiten und ganz viel Fleisch. Es ist wie ein riesiger Karneval.

Sie legen auch auf den After Show Partys der Formel 1 auf – wie ist Sebastian Vettel als Tänzer?

George: Ich glaube nicht, dass er sich da je hat blicken lassen (lacht). Was wirklich schade ist. Aber dafür ist er wohl zu sehr Sportler. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er überhaupt feiern geht.

Wobei Sie seinem Lebenswandel inzwischen sehr nahe kommen: Sie rauchen nicht mehr, ernähren sich gesund, treiben Sport und schlafen viel...

George: Ich bin eine langweilige, alte Queen geworden… (lacht)

Wie viele Kilo haben Sie verloren?

George: Um die 30. Was ein langwieriger Prozess war. Sprich: Es ist nicht über Nacht passiert.

Was war der Wendepunkt: 50 zu werden, im Gefängnis zu sitzen oder Sozialstunden als Straßenfeger ableisten zu müssen?

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George: Oh Gott, es war alles auf einmal – weil ich mich selbst unerträglich fand. Nur: Ich konnte mich leider nicht über Nacht ändern, sondern das hat einige Zeit gedauert. Eben mehrere Jahre. Und seien wir ehrlich: Du musst schon viel Glück haben, um älter und weiser zu werden.

Stimmt es, dass Sie auf offener Straße kaum erkannt werden?

George: Ich werde nirgendwo mehr erkannt – es sei denn, ich trage Make-up. Dann fällt den Leuten wieder ein, wen sie vor sich haben.

2014 wollen Sie noch einmal mit Culture Club in den Ring steigen, was Sie schon öfter vorhatten. Warum ist es nie dazu gekommen?

George: Weil wir einfach nicht bereit waren. Wir haben uns getroffen, um Songs zu schreiben, aber es hatte keine Magie, und es war ganz offensichtlich, dass wir noch nicht so weit waren. Deshalb treffen wir uns im Januar für einen weiteren Versuch, und wir werden sehen, was passiert. Ich denke, es könnte ein großer Spaß werden.

Wie stehen Sie heute zu Boy George in den 80ern – diesem farbenfrohen Fantasiewesen? Ist er Ihnen eher peinlich?

George: Na ja, er hat auch etwas Süßes an sich (lacht). Natürlich muss ich über einige Sachen lachen, die ich damals gesagt habe. Einfach, weil sie großartig waren – so naiv und frech.

Die 80er waren ja auch toll, sie haben mir so viele Möglichkeiten eröffnet, für die ich extrem dankbar bin. Aber nur in der Vergangenheit zu leben, wäre doch traurig. Ich werde oft gefragt, ob ich die Zeit vermisse. Das tue ich nicht. Und sei es nur, weil ich damals gar nicht wusste, wer ich bin. Ich hatte keine Ahnung.