Bochum. Heidi Klum und Helmut Kohl als Philosophen - das gibt's natürlich nur im Theater. Am Bochumer Schauspielhaus wurde jetzt das neue Stück von Martin Heckmanns uraufgeführt. Heidi Klum verkörpert darin die erfolgreiche aber herzlose Schönheit, der Altkanzler wird dagegen als überraschend bescheiden dargestellt.
"Es wird einmal" nennt Theaterautor Martin Heckmanns (42) sein neues Stück für das Schauspielhaus Bochum. Nicht "Es war einmal" wie im Märchen, sondern "Es wird einmal" - ein Märchen, das in der Zukunft spielen könnte. Bochums Schauspielintendant Anselm Weber (50) inszenierte, das sechsköpfige Ensemble schlüpfte in verschiedene Rollen, und das Publikum sparte nicht mit Beifall.
In dem Stück tritt Heidi Klum auf, zudem ein wohlbeleibter, weltbekannter Kanzler aus der Pfalz. Schauspieler spielen Schauspieler und ganz normale Menschen in Bochums Kammerspiel. Martin Heckmanns' Thema ist uralt: das Leben und die Kunst. Heidi Klum verkörpert die Schönheit, in Heckmanns' Stück wirkt sie ein bisschen sehr auf den Erfolg beschränkt. "Die Mädchen und die Medien, die wollen das so. Die lieben den Wettbewerb und die challenge und das Spektakel. Die zeigen sich gern in Unterwäsche", heißt es im Stück. Die Schönheit in der Epoche des Neoliberalismus hat kein Herz.
Weiser Helmut Kohl
Helmut Kohl erscheint zwar wie in seinen besten Jahren dick und rund, aber überraschend bescheiden. Heckmanns lässt den Altkanzler klug, ja weise über die Grenzen politischer Macht philosophieren.
Obwohl sich bei der Uraufführung am Samstagabend in Bochums Kammerspiel die schwere philosophische Fracht nur selten mit dramatischer Fantasie oder gar Kurzweil verband, schien das Publikum zufrieden: Der Schlussbeifall, zu dem sich der Dramatiker mit dem Ensemble gemeinsam verneigte, war üppig und einhellig.
Nachdenklichkeit steht im Zentrum
Einmal ist von "Jedermann" die Rede - wie in Hugo von Hofmannsthals gleichnamigem "Spiel vom Sterben des reichen Mannes" geht es um die richtigen Maßstäbe für ein menschliches Leben. Anders als in Hofmannsthals katholischem Lehrstück ist Martin Heckmanns aber nicht religiös. Er zweifelt an einem Jenseits und Gott. Wie ist unter solchen Voraussetzungen das richtige Leben zu finden?
Diese Nachdenklichkeit rückt Anselm Weber, Bochums Schauspielintendant, ins Zentrum seiner Uraufführungsinszenierung. Das Leben ist einmalig und kurz, wir sollten uns nicht einreden lassen, es sei wertlos, sondern jeden Augenblick nutzen, ja auskosten. Dieser Schwerpunkt ist besser geglückt als andere Passagen, in denen das Ensemble mit zu großem Tempo über komplexe philosophische und theatertheoretische Probleme hinwegeilt.
Das Ensemble spielte uneinheitlich. Günter Alt verschenkt anfangs zu viel vom "älteren Herren", einem Schauspieler alter Schule, an die Karikatur. Minna Wündrich hingegen als Regieassistentin trifft genau die Anstrengung der jungen Frau, eine Souveränität vorzuspiegeln, die sie nicht hat. (dpa)