Deutschlandweit hat der Tod von Dimiter Gotscheff die Theaterwelt geschockt. Der bekannte Regisseur, ist, wie berichtet, am Wochenende im Alter von 70 Jahren verstorben. Auch in Bochum ist die Betroffenheit groß über den überraschenden Tod des bulgarischen Künstlers, der während der Haußmann-Intendanz (1995 bis 2000) dem Leitungsgremium des Schauspielhauses angehörte.

Schlüssige Bilderwelten

Im Großen gesprochen, nahm der Regiekünstler Gotscheff auf dem deutschsprachigen Theater eine Sonderstellung ein, was im Kleinen auch auf das Bochumer Theater umzumünzen wäre. Denn während der Haußmann-Zeiten war Dimiter Gotscheff sozusagen der Antipode zu den zwei anderen Regie-Stars jener Jahre, des Pop-Artisten Jürgen Kruse und des „Viel Spaß!“-Theatermachers Leander Haußmann.

Als politisch denkender Künstler in der Brecht-Tradition war Gotscheff ein Mensch, der immer bereit war, der Utopie eine Chance zu geben – und der dieses Ansinnen vom Stellplatz der Widersprüche aus inszenierte. Als Theaterpraktiker stand er für Einfachheit, mit psychologischer Einfühlung und Erzählführung brauchte man ihm nicht zu kommen. In seinen Inszenierungen packte er die Grundkonflikte an; eine Herangehensweise, die auch Theatermacher Arne Nobel schätzt, der den Verstorbenen als „einen der größten Regisseure der letzten 30 Jahre“ in Erinnerung behält. Gotscheff sei von einer „sinnlichen Intellektualität“ gewesen, sagt Nobel, „bei ihm hat immer auch das Herz gedacht, nicht nur der Kopf.“

Ähnlich empfindet Anselm Weber: „Gotscheff dachte und fühlte die Texte, und weil er beides gleichzeitig konnte, wusste man nie, ob er eine Tragödie oder Farce inszenierte, doch was immer er tat, es war zutiefst aufwühlend“, sagt der Intendant. Und weiter: „Er kam von weit her und schien aus alten Zeiten zu stammen, doch in seinem Theater wurden die Toten und die Wunden des ganzen vergangenen Jahrhunderts sichtbar.“

Dabei war der gebürtige Bulgare, der 1962 nach Deutschland kam, immer selbstbewusst genug, um auch ohne eindeutige Handschrift, ohne „Markenzeichen“ auszukommen. „Seine Inszenierungen von Martin Walsers ,Zimmerschlacht’ und Kleistens ,Der zerbrochene Krug’ unterschieden sich extrem voneinander, doch beide, für mich unvergessliche Theaterabende, faszinierten durch schlüssige Bilderwelten, konsequent gedacht und in eben dieser Weise auf die Bühne gebracht“, erinnert sich der damalige WAZ-Theaterkritiker Werner Streletz.