Essen. . Der ehemalige Masken- und Gewalt-Rapper Sido bringt am Freitag das Album „30 11 80“ heraus. In seinen Reimen gibt er sich geläutert. Es wird wohl an seiner neuen Vaterrolle liegen – und am Alter. Schöne Song-Überraschungen mit Helge Schneider und Marius Müller-Westernhagen.

Früher war Sido der Sänger hinter der silbernen Totenkopfmaske, wer ihm näherkam, durfte manchmal sogar Bekanntschaft mit seinen Fäusten schließen. Denn „Aggro Berlin“ hieß nicht nur sein Plattenlabel, aggro war seine Lebenseinstellung.

Und sie ist es, falls man den Nachrichten trauen darf, noch immer: Letztes Jahr traf das Gesicht des österreichischen Klatschreporters Dominic Heinzl ganz unglücklich mit Sidos Hand zusammen; neulich las man von einer Aprilnacht in einem Berliner Club, bei der Sido mutmaßlich mit einer Wodkaflasche seinen Gefühlen Nachdruck verlieh – es war kein Trinkspiel, worum es da ging. Aber weiter wollen wir das hier nicht kommentieren, ein Gericht wird sich drum kümmern.

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Warum all dies hier erwähnt wird? Weil es relevant ist für das neue Album „30 11 80“, das seinen Titel aus dem Geburtsdatum des Rappers bezieht, der mit bürgerlichem Namen Paul Hartmut Würdig heißt. Denn selten zuvor versuchte ein deutscher HipHopper einen so radikalen Schnitt mit der Vergangenheit wie Sido zu Beginn des Albums. Auf „Es war einmal“ proklamiert er sein neues Ich: „Viele hätten gern den alten Sido zurück,/ doch während sie das sagen, entfern ich mich wieder ein Stück/ und singe Lieder vom Glück“.

Sido will nur spielen

Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen
Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen © WAZ
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Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen
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Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen
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Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen
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Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen
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Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen
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Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen
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Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen
Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen © WAZ
Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen
Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen © WAZ
Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen
Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen © WAZ
Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen
Sido in der Vest-Arena in Recklinghausen © WAZ
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Klingt gut, geht aber noch pointierter, denn im nächsten Song „So wie Du“ geht es um schlechte Vorbilder – und auch darin kommt Sido auf sich selbst zu sprechen, in seiner Rolle als verantwortungsvoller Vater eines Sohns. „Und darum, sag ich: Jetzt ist Schluss, ich bin ein Vater. Ich will nicht, dass er Scheiße fressen muss, wie sein Vater.“ Es scheint diese Rolle zu sein, die zumindest Sidos Reime geläutert hat, worüber er auch in „Papa, was machst du da?“ singt.

Das Album ist nicht immer okay

Im Vergleich zu den an Gewalt und Menschenverachtung nicht eben armen Songs von früher wirkt „30 11 80“ in weiten Teilen so, als hätte man den Mann in ein von radikalen Waldorfschülern geführtes Anti-Aggressionstraining geschickt. „Lass Dir nichts erzähl’n von deinem Gegenüber,/ wenn eure Meinungen nur kollidieren, dann redet drüber“.

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Ja, wir sind okay, Sido ist okay. Und der Rest des Albums? Ist nicht immer okay. So soll „Einer dieser Steine“ zärtlich klingen, doch liefert Sido den wohl hölzernsten Rap seiner Karriere ab. Seine Kooperation mit Marius Müller-Westernhagen in „Grenzenlos“ hingegen ist das beste Marius-Lied der letzten Jahre. Und wenn Sido mit Helge Schneider den soulig-funkigen Nonsens-Kracher „Arbeit“ anstimmt, wirkt dann wieder aller Ballast, aller Schmutz wie weggewischt. Auf Sidos Image wirkt das Album wie Sidolin: Ganz streifenfrei, aber manchmal auch seifig.