Essen. . Einmal mehr verwandelt Roman Polanski ein erfolgreiches Kammerspiel in grandioses Kino. Sein neuer Film „Venus im Pelz“ braucht nur zwei Menschen, um einen Krieg der Geschlechter zu entfesseln - gefangen in einem Theaterraum, aus dem es für beide kein Entkommen gibt.

Man kennt diese Vorliebe des Regisseurs Roman Polanski für reduzierte Räume schon seit seinem Langfilmdebüt „Das Messer im Wasser“, in dem ein Segelausflug zu dritt sich sehr schnell zu einer brisanten Situation auswächst.

Danach hat Polanski mit Filmen wie „Der Mieter“, „Der Tod und das Mädchen“ oder „Der Gott des Gemetzels“ immer mal wieder diesen Rückzug auf Kammerspiel-Terrain angetreten, um Menschen dort in entlarvende Psycho-Spiele zu verwickeln. Sein neuer Film „Venus im Pelz“, in dem nur zwei Menschen einen Krieg der Geschlechter austragen, treibt diese Form jetzt virtuos auf die Spitze.

Gleich zu Beginn heißt es Abschied nehmen von der Außenwelt. Da streift die Kamera noch ein letztes Mal über Pariser Boulevards, bevor sie in einen Theaterraum eindringt, aus dem es bis zum Ende kein Entkommen mehr geben wird.

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Hier hat der Regisseur und Autor Thomas (Mathieu Amalric) gerade ein enttäuschendes Casting für seine neue Produktion hinter sich und will frustriert nach Hause gehen. Da öffnet sich plötzlich die Tür und die ein wenig vulgär wirkende Schauspielerin Vanda (Emmanuelle Seigner) stürmt herein, macht Verspätungen geltend, für die sie nichts kann, und fleht Thomas an, sie doch noch vorsprechen zu lassen.

Viele Einsprengsel lassen Rückschlüsse auf den Regisseur zu

Er willigt schließlich ein. Vielleicht schon deshalb, weil diese späte Erscheinung den gleichen Namen trägt wie die Heldin seines Stücks. Das soll eine Adaption der berüchtigten Novelle „Venus im Pelz“ des Österreichers Leopold von Sacher-Masoch werden, der Geschichte eines Mannes, der sich aus purer Lust per Vertrag verpflichtet, als bedingungsloser Sklave seiner geliebten „Herrin“ zu Diensten zu sein – der Masochismus hatte seinen Namensgeber gefunden.

Thomas erklärt sich bereit, bei Vandas Vorsprechen den männlichen Part des Severin zu übernehmen. Das Ergebnis ist ein Netzwerk aus Doppelungen und Spiegelungen, die Drama und Wirklichkeit schon sehr bald ineinander fließen lassen.

Fast könnte man annehmen, Polanski habe hier als Mann einen feministischen Film im Sinn gehabt. Stück um Stück dringt Vanda tiefer in die dunklen Geheimnisse von Thomas vor, der die Autorität als Regisseur zu diesem Zeitpunkt längst aus der Hand gegeben hat. Stattdessen scheint er mit der Bühnenfigur Severin zu verschmelzen, wenn Vanda ihn mal mit schneidendem Akzent zusammenstaucht oder mit aufreizendem Tanz sexuell derart erregt, dass er winselnd sich zu ihrem Sklaven machen würde.

Roman Polanski

Das Filmmuseum Düsseldorf widmet dem Regisseur Roman Polanski eine Ausstellung. Foto: Filmmuseum Düsseldorf
Das Filmmuseum Düsseldorf widmet dem Regisseur Roman Polanski eine Ausstellung. Foto: Filmmuseum Düsseldorf © Veranstalter
Der Direktor des Filmmuseums, Bernd Desinder, präsentiert eine Kopie des Sternes... Foto: Sergej Lepke / WAZ FotoPool
Der Direktor des Filmmuseums, Bernd Desinder, präsentiert eine Kopie des Sternes... Foto: Sergej Lepke / WAZ FotoPool © Sergej Lepke / WAZ FotoPool
...für Roman Polanski auf dem Walk of Fame in Warschau.
...für Roman Polanski auf dem Walk of Fame in Warschau. © filmmuseum Düsseldorf
In Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum Lodz und dem Polnischen Institut Düsseldorf konzipierte das Filmmuseum Düsseldorf eine Ausstellung, die die spannende Karriere Polanskis nachzeichnet.
In Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum Lodz und dem Polnischen Institut Düsseldorf konzipierte das Filmmuseum Düsseldorf eine Ausstellung, die die spannende Karriere Polanskis nachzeichnet. © Sergej Lepke / WAZ FotoPool
Sonderausstellung
Sonderausstellung "Roman Polanski" im Filmmuseum Düsseldorf. © Sergej Lepke / WAZ FotoPool
Sonderausstellung
Sonderausstellung "Roman Polanski" im Filmmuseum Düsseldorf. © Sergej Lepke / WAZ FotoPool
Sonderausstellung
Sonderausstellung "Roman Polanski" im Filmmuseum Düsseldorf. © Sergej Lepke / WAZ FotoPool
Ein Kostüm aus Polanskis Film
Ein Kostüm aus Polanskis Film "Tess". © filmmuseum Düsseldorf
Roman Polanski vor und hinter der Kamera:
Roman Polanski vor und hinter der Kamera: "Tanz der Vampire". © filmmuseum Düsseldorf
"Tanz der Vampire" von Roman Polanski. © filmmuseum Düsseldorf
Ein Spiegel aus dem Film
Ein Spiegel aus dem Film "Der Mieter" von Roman Polanski. © filmmuseum Düsseldorf
Filmszene aus
Filmszene aus "Der Mieter". © filmmuseum Düsseldorf
Ein Foto aus Polanskis Film
Ein Foto aus Polanskis Film "Rosemaries Baby" mit Mia Farrow. © filmmuseum Düsseldorf
Sonderausstellung
Sonderausstellung "Roman Polanski" im Filmmuseum Düsseldorf. © filmmuseum Düsseldorf
Filmszene aus Roman Polanskis
Filmszene aus Roman Polanskis "Frantic". © filmmuseum Düsseldorf
Roman Polanski.
Roman Polanski. © filmmuseum Düsseldorf
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Dass Emmanuelle Seigner die langjährige Ehefrau Polanskis ist und Mathieu Amalric glatt als junger Doppelgänger des Filmemachers durchgehen könnte, gibt dieser Entwicklung noch eine zusätzliche Dimension. Überhaupt gibt es viele Einsprengsel, die Rückschlüsse auf den Regisseur zulassen.

Polanski versteht es, aus Kammerspielen großes Kino zu machen

Mit „Venus im Pelz“ jedenfalls beweist Roman Polanski zum wiederholten Mal, mit welcher Leichtigkeit er aus Kammerspielen (in diesem Fall ein Broadway-Erfolg des US-Autors David Ives) großes Kino zu machen versteht. Schon nach kurzer Zeit existiert für den Zuschauer keine Außenwelt mehr, die Theaterbühne, bestückt noch mit den Western-Requisiten der letzten Produktion, ist für ihn Welt genug. Wenn draußen ein Gewitter sich nähert, nimmt man das nur noch als Theaterdonner wahr.

Das Macho-Gehabe von Thomas wird ganz nebenbei dadurch entlarvt, dass sein Handy-Ton aus Wagners „Walkürenritt“ besteht und dieser Klang mehrfach martialisch aus der Jackentasche quillt. Am Rohr ist stets seine Verlobte, die ihn zu einem Fernsehabend daheim erwartet. Heute wird sie lange warten müssen. Denn ihr Liebster kommt aus der Verstrickung mit der rätselhaften Vanda einfach nicht mehr heraus.