Essen. . Cool. Schick. Grauenhaft schön. Die ARD zeigt mit „Alaska Johansson“ einen aufregend anderen Film. Im Mittelpunkt steht des brillant gefilmten Psycho-Horrortrips steht Alina Levshin – ebenso betörend wie verstörend.

Makellos, diese junge Frau. Schön, erfolgreich, cool. Lebt in einem Luxusapartment, das aussieht, als hätten es sich zwei Designer am Telefon ausgedacht. Aber beängstigend ist sie. Schrubbt ihren Körper ewig lang unter der Dusche, wirft ihren Slip jeden Tag in den Mülleimer und stopft sich mit den Fingern den ganzen Inhalt eines Nougatcreme-Glases in den Mund. Und dann dieser Name, „Alaska Johansson“, so heißt doch kein Mensch. Aber er passt in seiner Künstlichkeit auf dieses traumatisierte Wesen, bei dem Wahn und Wirklichkeit verschwimmen – in einem irrwitzigen Psychohorrortrip. Respekt, dass die ARD sich traut, derart ambitioniertes Kunstkino um 20.15 Uhr zu senden, das sich gängigen Erzählformen einfach verweigert.

Denn was Sascha Arango sich ausgedacht hat und Achim von Borries in superkühlen und schicken Bildern mit Raffinesse zum Leben erweckt, ist alles andere als leichte Kost. Allerdings jederzeit aufregend. Schon alleine, weil sich nichts vorhersagen lässt; alles scheint möglich in diesem Spiel von Schein und Sein, das uns ziemlich schnell den Boden unter den Füßen wegzieht.

Selbstmordversuch und ein undurchsichtiger Nachbar bei „Alaska Johansson“

Das beginnt mit der Titelfigur. Vordergründig ist Alaska Johansson eine Headhunterin aus Frankfurt, ihr Chef (Stefan Bissmeier) hatte ein Verhältnis mit ihr, wollte sich aber nicht von seiner Frau trennen. Alaska ist einsam, ein Suizidversuch mit einem Tablettencocktail misslingt, ihr abgeschottetes Leben erscheint von Szene zu Szene seltsamer. Denn so perfekt sie und ihre Umgehung aussehen, so abgründig ist ihre Wahrnehmung dieser unnatürlichen Welt.

Da ist ein undurchsichtiger neuer Nachbar (Stipe Erceg), den sie immer stärker als Bedrohung empfindet, ohne dass die Polizei ihr glaubt, ein Kind im Gespensterkostüm, das auf einmal bei ihr auftaucht, das zu niemandem zu gehören scheint und ihr bulliges Mustang-Coupé, das sich plötzlich selbstständig macht und einen Unfall heraufbeschwört. Und da sind ihre Eltern (Sybille Canonica und Alexander Held), besessen von Perfektion und Ruhm. Der Vater, ein Schönheitschirurg in bester Frankenstein-Manier, brach ihr einst 42-mal die Knochen, um sie nach seinen Wünschen zu formen. Das hat bei der Tochter offensichtlich auch innere Spuren hinterlassen und Ängste aufgebaut.

Alina Levshin beweist Talent für Außenseitertypen

Achim von Borries wechselt elegant die Perspektiven vom Unterbewussten zum Tatsächlichen und schafft damit eine verstörend intensive Doppelbödigkeit, von der man sich nicht austricksen lassen darf. Das kennt man bei allem Respekt vor großen Namen so ähnlich von Roman-Polanski-Filmen wie „Der Mieter“. Der Horror, er kommt eher von innen als von außen, das ahnt man bald.

Alina Levshin, die schon als rabiate Nazi-Braut in „Kriegerin“ bewies, dass sie mindestens ganz viel Talent für Außenseitertypen besitzt, liefert auch hier ein schauspielerisches Glanzstück mit ihren unterkühlten, teilnahmslosen Posen, in denen sie dennoch stets zu verführen weiß. Da bahnt sich wohl was Großes an.