Essen. . Satire, Trug und Sonnenschein: Der Film, der jetzt in unseren Kinos anläuft, fängt trotz aller Fiktion die dunkle deutsche Wirklichkeit ein. Hinter dem Projekt stehen die Dokumentarfilmerin Frauke Finsterwalder und ihr Ehemann, der Schriftsteller Christian Kracht.
Deutschland, das ist „Finsterworld“. Da kann die Sonne noch so strahlen, der Wald noch so malerisch wirken: Alles nur Schein und Trug. Denn in den Menschen, die in diesem Land der Schrecken und der Unzufriedenheit, des Hochmuts und der Torheiten, leben, herrscht eine Finsternis, die keine Sonne je vertreiben wird. So einen Heimatfilm wie das Spielfilmdebüt der Dokumentarfilmerin Frauke Finsterwalder hat es noch nicht gegeben.
Gemeinsam mit ihrem Ehemann, Schriftsteller Christian Kracht, hat sie ein extrem enges Netz aus absurden Episoden geflochten, das die deutsche Wirklichkeit im Jahr 2013 erschreckend genau einfängt. Geschichten, die zunächst nebeneinander herlaufen, sind in Wahrheit fest miteinander verbunden und ergeben ein deutsches Psychogram, das in die Tiefe geht.
Scharfe satirische Striche
Eines haben die vielen Figuren, die Finsterwalder und Kracht mit scharfen satirischen Strichen äußerst exakt umreißen, gemeinsam: Sie leiden an sich und an dem Land, das sie Heimat nennen müssen. Das gilt für die Schüler eines elitären Gymnasiums, die mit ihrem Lehrer (Christoph Bach) ein KZ besuchen, genauso wie für das gutsituierte Ehepaar (Corinna Harfouch und Bernhard Schütz), das Deutschland am liebsten ganz den Rücken kehren würde.
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Auch der selbstgefälligen Dokumentarfilmerin Franziska (Sandra Hüller) und ihrem Freund (Ronald Zehrfeld), einem Polizisten, der in seiner Freizeit gerne Ganzkörper-Tierkostüme trägt, geht es kaum besser. Für die im Altersheim lebende Frau Sandberg (Margit Carstensen) gleicht sowieso jeder Tag dem anderen. Nur wenn sie der eigenwillige Fußpfleger Claude Petersdorf (Michael Maertens) besucht, lebt sie noch ein bisschen auf.
Albtraum in Schwarz, Rot, Gold
Nicht jede der vielen kurzen Szenen und Miniaturen, die sich mehr und mehr zu einem Albtraum in Schwarz, Rot, Gold verdichten, kommt auf den Punkt. Manche von ihnen genügen sich in Schrägheit selbst. Aber letztlich spielt das alles keine Rolle. Die kleineren Schwächen fallen angesichts der überragenden Leistungen des bis in die kleinste Rolle perfekt besetzten Ensembles kaum ins Gewicht. Außerdem wirken Frauke Finsterwalders überbordende Fantasie und ihr bitterböser Witz so erfrischend, dass man „Finsterworld“ wirklich jeden Fehltritt gerne verzeiht.