Essen. . Sogar in England und Amerika bringt er das Publikum zum Lachen. Diese Woche ist Michael Mittermeier in NRW unterwegs. Ein Gespräch über die Bundestagswahl, die Lust am Blackout und das Ziel, als Deutscher lustig sein zu können.

Bekennender Grünen-Wähler und Frauenschwarm, der einzige deutsche Stand-up-Comedian, der sich auch von Kapstadt bis New York auf die Bühnen traut, und überhaupt einer der erfolgreichsten im Land: Michael Mittermeier (47) füllt mit seinem neuen Programm derzeit wieder Hallen zwischen Zürich und Berlin. Jens Dirksen sprach mit ihm über Politik und andere Blackouts.

Mögen Sie über Politik reden?

Michael Mittermeier: Jaja, warum nicht. Ist ja kein Verbrechen.

Das Wahlergebnis – ein wenig wie das deutsche Fernsehprogramm

Haben wir uns verwählt, mit dem neuen Bundestag?

Mittermeier: Nein. Es war doch klar, dass es so kommen würde. Wir bekommen jetzt so eine Vier-Jahres-Enklave, das tut am wenigsten weh. Es ist ein wenig wie das deutsche Fernsehprogramm: Es tut nicht weh, aber es hat auch keine Visionen.

Sie haben Anfang der 90er-Jahre eine Magisterarbeit über „Amerikanische Stand-up-Comedy“ geschrieben – hat die schon die Plagiatskontrolle überstanden?

Mittermeier: Nee, ich konnte schon deshalb nicht abschreiben, weil ich der Erste war, der darüber geschrieben hat. Die Recherche nach Kopien hat damals meist länger gedauert als das Schreiben. Was damals fünf Monate gedauert hat, dafür bräuchte man doch heute keine zwei Wochen! Ich habe jedenfalls eine gute Note für die Arbeit bekommen. Und was da drinsteht, hat auch heute noch Bestand.

„In Amerika fragt keiner nach U oder E“

Eine echte These? Vielleicht so etwas wie: Stand-up-Comedy hätte in Deutschland nie eine Chance?

Mittermeier: Damals war Stand-up wirklich noch ein Schimpfwort in Deutschland – für die, die auf der Bühne nur lustig sind anstatt deutsches Kabarett zu machen. Ich mag dieses große Spektrum bei den Engländern und Amerikanern, da fragt keiner nach U oder E. Es gibt doch eigentlich nur gut oder schlecht, ein schlechter Kabarettist ist genauso schlecht wie ein schlechter Comedian. Alles andere ist eine sehr arrogante, ja dümmliche Sichtweise.

Comedy als Sozialstudie über das Land

Das war aber nicht der Kern der Arbeit, oder?

Mittermeier: Nein, meine Hauptthese war, dass man, wenn man alle Stand-up-Routines einer Dekade zusammen kartografieren würde, dann hätte man eine bessere Sozialstudie über das Land als alle Marktforschungsinstitute je erstellen könnten.

Ihr neues Programm heißt „Blackout“. Weil sie den von 2003 in New York live und in Farbe erlebt haben?

Mittermeier: Nein, ich wollte das Programm anders haben als sonst, radikaler, härter, schmutziger. Und der Begriff umfasst so vieles, vom politischen Blackout bis zum Alkohol-Blackout, das ergibt einen schönen Spagat. Und eigentlich hat doch jeder schon mal einen Blackout gehabt. Wir hatten ja sogar schon mal einen Papst-Out, als der Ratzinger Papst geworden ist, das hat bei uns ja auch eine Art Blackout, plötzlich haben sich alle gefreut, alle jubelten, alles toll, er war „unser“ Papst – dabei war der doch Vorsitzender der Heiligen Inquisition, auch wenn die nicht mehr so hieß, sondern Glaubenskongregation. Außerdem war der Ratzinger Bayer...

„Der Seehofer blackoutet von morgens bis abends“

Eine besonders gute Qualifikation zum Blackout?

Mittermeier: Naja, nehmen’s den Horst Seehofer, der blackoutet ja eigentlich von morgens bis abends, der arbeitet beruflich mit Blackouts und hat ja eigentlich nur zwei, drei lichte Momente pro Jahr, wenn er dann sagt, ja gut, das mit der Pkw-Maut für Ausländer geht nicht? Na dann machen wir’s eben nicht. Seehofer ist ein wahrer Meister auf der Klaviatur des Blackout-Flügels.

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Es gibt – außer Kreuzworträtseln – fast nichts, was im Ausland so schwierig ist wie Komik. Trotzdem treten Sie oft in den USA und England auf. Suchen Sie da die maximale Herausforderung?

Mittermeier: Am Anfang habe ich einfach was Neues gesucht, ich hatte doch schon alles gemacht, Open Airs mit 60.000 Zuschauern, Fernsehshows, da kann es ja nicht mehr um noch größere Hallen gehen. Und dann ist es ja das Hauptklischee im Ausland, dass die Deutschen nicht lustig sind. Das kommt noch vor Hitler. Deutsch und lustig, das ist wie ein russischer Menschenrechtsausschuss – das funktioniert nicht so ganz. Und wenn dich dann einer lustig findet, noch bevor er Hitler sagt, ist das doch ein Riesenkompliment. Am Ende geht es immer um die Frage: Machst du immer noch eine geile Show oder nicht?

„Mir ist völlig wurscht, wann das Publikum lacht“

Mir ist aufgefallen, dass das Publikum nicht unbedingt an den subtilsten, komischsten Stellen Ihres Programms lacht, an denen Sie womöglich lange getüftelt, viel gearbeitet haben. Ist das nicht manchmal ärgerlich?

Mittermeier: Mir ist es völlig wurscht, wann das Publikum lacht, das ist eh jeden Abend anders. Ich werte da nicht. Und ich weiß manchmal auch überhaupt gar nicht, warum die Menschen wo lachen.

Michael Mittermeier tritt mit dem neuen „Blackout“-Programm am Dienstag, 15. Oktober, in der Kölner Arena auf, am Mittwoch, 16. Oktober dann in der Dortmunder Westfalenhalle.