Köln. . Nach über 30 Jahren feiert Dieter Hallervorden mit „Sein letztes Rennen“ sein Leinwand-Comeback. Im Gespräch erzählt der 78-Jährige, weshalb er mit seiner Rückkehr abwartete und wie er sich selbst in seiner Filmrolle wiedererkennt.

Dieter Hallervorden ist nach über 30 Jahren wieder mit einer Hauptrolle ins Kino zurückgekehrt: „Sein letztes Rennen“. Darin spielt der 78-Jährige einen ehemaligen Marathonläufer, der ein Comeback probt. Uwe Mies sprach mit dem einstigen „Didi“ auch über sein Kabarett „Die Wühlmäuse“ und das Berliner Schlosspark Theater, das er auf eigene Kosten restaurierte und neu belebte.

Herr Hallervorden, werden Sie heute noch mit „Palim Palim“ begrüßt?

Dieter Hallervorden: Durchaus, es kommt aber drauf an, welchen geistigen Horizont die Leute haben. Wenn das auch nach Jahrzehnten noch in den Köpfen der Leute ist und fast schon Kultstatus hat, dann muss ich darüber ja nicht böse sein.

Man hat Ihnen in diesem Jahr schon die Goldene Kamera für Ihr Lebenswerk verliehen...

Hallervorden: Ja, das dachten die damals, aber ich habe mir vorgenommen, nicht andere bestimmen zu lassen, wann das Lebenswerk vollendet ist.

Sind Sie nicht manchmal doch ein bisschen arbeitsmüde?

Hallervorden: Nein, im Gegenteil! Mein Beruf ist ja aus einem Hobby entstanden, und solange mich meine Beine auf die Bühne tragen, der Kopf mitmacht und die Leute mich noch sehen wollen, mache ich gern weiter.

Was hat Sie zu einem Comback als Hauptdarsteller im Kino gebracht? Sie hatten doch immer wieder Angebote.

Hallervorden: Aber das waren doch sehr oberflächliche Geschichten. Ich habe jetzt einige Jahrzehnte gearbeitet, bin finanziell unabhängig und brauche nicht mehr zu arbeiten, nur um beschäftigt zu sein. Aber bei diesem Drehbuch kam es mir vor, als ob der Autor mich persönlich kennen würde.

Inwiefern?

Hallervorden: Meine Lebensphilosophie ist deckungsgleich mit der Rolle, die ich im Film spiele. Die sagt: „Immer weiter, wer stehen bleibt, hat schon verloren.“ Und mein Lebensmotto ist: „Immer einmal mehr aufstehen als hinfallen“. Für mich ist das – wenngleich in anderen Worten – dasselbe.

Die Rolle war aber auch eine sportliche Herausforderung.

Hallervorden: Ich habe mich noch nie so gründlich vorbereitet wie bei diesem Film. Fünfeinhalb Monate lang habe ich trainiert, bin jeden Tag gelaufen, habe zweimal in der Woche an Geräten im Fitness-Studio gearbeitet, machte eine Magnetfeld-Therapie, stellte meine Ernährung um, habe auf Alkohol verzichtet und bei all dem neun Kilo abgenommen. Ich bin eben auch Pflichtmensch. Ich hatte nicht nur Spaß, diese Rolle spielen zu dürfen, sondern ich fühlte mich auch verpflichtet das zu leisten, was das Drehbuch von mir verlangte.

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Hatten Sie nicht Angst, sich zu überschätzen?

Hallervorden: Nicht, wenn man sich gut vorbereitet, langsam anfängt und sich dann steigert. Ich bin aber auch jemand, der Angst an sich nicht kennt. Entweder nehme ich eine Herausforderung und damit ihre Bewältigung an, oder anders – wenn ich Bedenken hätte, das zu schaffen, dann würde ich auch nicht zusagen. Ich bin gar nicht so sehr begabt, aber ich bin ein sehr fleißiger Mensch, und damit kann man wirklich viel erreichen.

Am Anfang Ihrer Schauspielkarriere besetzte man Sie als Schurke, dann wurden Sie der Possenreißer vom Dienst.

Hallervorden: Es ist ja so, dass die Fantasie von Fernsehredakteuren begrenzt ist. Wenn die jemanden einmal in einer Rolle wahrgenommen haben, dann ist die Schublade da. Wie man es auch macht, da wieder rauszuklettern ist sauschwer. Das habe ich ja selber erlebt. Und wenngleich mich das als Schauspieler bisweilen traurig gestimmt hat, habe ich doch das Beste draus gemacht.

Wie steht es um die Wühlmäuse als politisches Kabarett?

Hallervorden: Die Wühlmäuse sind ja genau als solches gegründet worden. Aber nachdem durch private Anstalten immer mehr Leute vor die Kamera gelassen werden, die acht komische Fressen ziehen können und dämliche Sprüche drauf haben, orientieren sich immer mehr junge Leute an diesen Vorbildern. Politische Satire gibt es dadurch immer weniger, dafür umso mehr das, was man heute Comedy oder Comedians nennt. Das findet bei den Wühlmäusen dann also auch statt.

Aber es ist nicht so, dass das Politpersonal zu fade für Satire geworden ist?

Hallervorden: Nö, unsere Politiker als Lieferanten für Pointen haben uns nie im Stich gelassen. Klar, es waren andere Zeiten, als man Wehner auf Strauß treffen ließ und ehrliche Überzeugungen ausgesprochen wurden, ohne dass es vom Staatssekretär vorformuliert war. Man muss eben mit den Leuten leben, die jetzt gerade da sind. Große Hoffnungsschimmer sehe ich da nicht.

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Zur Erbauung haben Sie ja noch das Schlosspark Theater.

Hallervorden: Genau, und dieses sehr renommierte Haus leiten und dafür den Spielplan gestalten zu dürfen, das ist mein absolutes Herzensprojekt.

Was wird da gegeben?

Hallervorden: Die Hauptsäule sind sechs Eigenproduktionen pro Jahr. Das reicht dann von einer Uraufführung wie „Einsteins Verrat“ von Eric-Emmanuel Schmitt bis zu einer Boulevardkomödie, die ich in Paris entdeckt habe. Es ist also kein Ensuite, sondern Repertoire und zusätzlich dazu Konzerte, Lesungen und Gastspiele. Also ein breit gefächertes Programm. Aber das braucht man heutzutage auch.

Letztlich aber ist doch Ihr Name das Zugpferd und nicht der Name des Theaters.

Hallervorden: Das ist einerseits richtig, aber ich stehe ja nicht immer auf der Bühne. Deshalb holen wir auch Leute wie Robert Atzorn oder Michael Degen, die man auch vom Fernsehen kennt. Es ist eben so, dass die Zuschauer gern bekannte Namen auf der Bühne sehen wollen. Die Gier, Neues zu entdecken, ist wahrlich auf den Hund gekommen, was ich persönlich gegenüber weniger etablierten Talenten höchst ungerecht finde.

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Finden Sie da noch Zeit für Privatleben?

Hallervorden: Doch, denn ich habe glücklicherweise einen 15-jährigen Sohn und das hat mein Leben noch einmal total umgekrempelt. Ich versuche also schon, das Leben nicht nur als Arbeit zu begreifen.

Wie kommen Sie denn mit dem Generationensprung klar, wenn Kinder sich heute Casting-Shows und HipHop reinziehen?

Hallervorden: Mein Sohn ist davor gefeit, denn wir hocken nicht vor der Glotze, sondern unternehmen was. Abgesehen davon bastelt der schon fleißig an der eigenen Karriere mit einer Serienhauptrolle. Aber ich bemühe mich, ihm mindestens einmal in der Woche zu sagen, dass es auch noch andere schöne Berufe gibt.

Man weiß eben nie?

Hallervorden: Was glauben Sie, wie viele Schauspieler es gibt, die zu Hause am Telefon darauf warten, dass sie drei Einstellungen synchronisieren dürfen. Man darf sich da keine Illusionen machen. Der Name Hallervorden allein reicht da gar nicht. Es muss eigene Leistung da sein, sonst ist man draußen.