Oberhausen. . Premiere für das neue Bühnenprogramm des Revier-Kabarettisten und Literaturpreisträgers im Oberhausener Ebertbad: „Von vorn“. Fritz Eckenga philosophiert über die Tücken der Cloud-Technik und Werbeslogans über die Liebe zu Lebensmitteln.
Von all denen, die sich heute zur Belustigung der Menschheit auf die Bühne trauen, möchte man manche nur von hinten sehen. Fritz Eckenga gehört nicht zu denen. Das mag man schon aus dem vieldeutigen Titel seines neuen Programms „Von vorn“ folgern. Und das wurde bestätigt bei der Premiere im Oberhausener Ebertbad.
Wobei... Mit dem traditionellen Handwerkszeug (ein Mann, viele Worte, gesprochen von vorn), kommt Eckenga nicht mehr aus. Er lässt sich assistieren von der prozessorgestützten Sandra, einer Off-Stimme, deren Elektronenhirn gern mal ins Stottern kommt.
Nicht die einzige Tücke der Technik: „Hölle heißt jetzt immer öfter Cloud“, befindet Eckenga und führt aus: „Cloud ist so etwas wie brain, nur outgesourct.“ Ach, wäre das nur wahr, dann müsste man den unförmigen, grauen Klumpen nicht immer im eigenen Hirnkasten mit sich herumschleppen, die Köpfe wären leicht. Doch manchmal steht auch in der flockigsten, drahtlosen Cloud jemand auf der Leitung, was Eckenga zum Stoßgebet veranlasste: „Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich an die Wörter komm’“.
„Gibt es schon Standesämter, auf denen man tote Schweine heiraten kann?“
Um die wäre der 58-jährige aber auch so nicht verlegen, er schreibt nämlich sogar live. Etwa Mails an die Staatsanwaltschaft München, bezüglich des „Fußball- und Wurstfabrikanten Uli Hoeneß“, dem ja hoffentlich bald der Strafprozess gemacht wird: „Für diese Veranstaltung hätte ich gern eine Eintrittskarte.“ Es ist diese sanfte, böse Ironie, die den Sound des Eckenga ausmacht und auch in Briefen an die NSA, die I-Dötzchen und das deutsche Volk durchscheint.
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Doch Eckenga ist ein Mann mit vielen Lieben: Frauen, Pils, Borussia, nicht zwangsläufig in dieser Reihenfolge. Vor allem liebt er die Sprache, was ihm den Literaturpreis Ruhr eingebracht hat. Er kann sich regelrecht erregen über Satzstümpfe wie „Wir können Möbel“, denen man offensichtlich das Vollverb amputiert hat. Oder missverstehbare Floskeln wie: „Wir lieben Lebensmittel“. Zu Recht fragt er: „Gibt es schon Standesämter, auf denen man tote Schweine heiraten kann?“
„Von vorn“ ist ein geistig bereichernder Streifzug durch Politik und Sport, durch Ostwestfalen und Nordhessen, durch Lyrik und Leben. Gerade die letzten beiden holen den reisenden Künstler oft ein, besonders an Autobahnraststätten, deren Besuch er durch großzügiges Verschenken von Sanifair-Bons belegen kann. Sogar für den Betreiber von wasserlosen Erlebnis-Urimaten findet Eckenga noch sinnfällige Worte: „Wär’ das Leben nicht so schwer, wäre es wie Sanifair.“
Fritz Eckenga live: 9.10. Herne, Flottmannhallen, 10.10. Duisburg, Grammatikoff, 16.10. Unna, Lindenbrauerei, 2.11. Bochum, Haus Spitz, 15.11. Hamm, Maximilianpark