Hattingen. . Dortmunder stellte in der Stadtbibliothek alle „Zeitfenster auf Kippe“

Fritz Eckenga lässt sein Fenster geöffnet. Durchzug sorgt für frische Luft. Der Zeitgeist? So kompliziert ist das gar nicht, denn eigentlich passt die Welt in ein Fußballstadion. Oder in die Schublade der Musterküche im Möbelhaus des Vertrauens. Es braucht nur einen, der alles richtig erklärt. Dafür stellte der Dortmunder Kabarettist in der Stadtbibliothek „Alle Zeitfenster auf Kippe“.

Ausgerechnet am Welttag des Buches scheint es zuerst, als könnte der Autor sein eigenes Werk nicht mehr entziffern. „Meine nächsten Bücher werden dicker“, kündigt er an. Nicht, weil sie mit mehr Inhalt gefüllt würden – sondern, weil die Schrift größer werden soll. Nachdem die Brille zurechtgerückt ist, nimmt der Kabarettist in bekannt bissig-lyrischer Manier und schnodderigem Ruhrpott-Dialekt all das aufs Korn, was seiner Meinung nach in Schieflage geraten ist.

„Muttersprache Deutsch, wir können dich nicht richtig sprechen, aber ohne dich könnten wir dir nicht mal das sagen“, verkündet Eckenga und sorgt mit Erklärungen, wann der Dativ im Ruhrgebiet kein Ausnahmefall ist, für Gelächter. Den nutze der Ruhrgebiets-Mensch fürs Endgültige, Beispiel: „Ich geh im Bett.“

Wir können Möbel. „Was denn? Pupsen? Oder essen?“, fragt der Dortmunder sein Publikum im Hinblick auf aktuelle Werbeslogans und übt moderne Sprachkritik. „Irgendwas werden wir ja können. Schließlich sind wir sogar schon so weit, dass wir Lebensmittel lieben. Gibt es eigentlich schon Standesämter, wo man Fleischwurst heiraten kann?“ Apropos Werbung: Besonders angetan hat es Eckenga die „Reiseliteratur auf Augenhöhe“, wie er sie nennt. Während Mann an der Autobahnraststätte so dasteht, vor dem Urinal in der Sanifair-Anlage, würden Gelüste wach, von denen vorher keine Spur war. „Ich brauche einen Kachelofen“, sei plötzlich der beherrschende Gedanke jedes Urinierenden.

Natürlich darf im Programm des BVB-Fans auch der Fußball nicht zu kurz kommen. Eckenga gesteht, Kommentatoren, die auf der Beliebtheitsskala noch unter dem natürlichen Feind des Fußballfans – dem Schiedsrichter – stehen würden, geduzt und vulgär beschimpft zu haben. Und er werde es wieder tun.