Oberhausen. . Der italienische Literatur-Nobelpreisträger und Theatermacher Dario Fo ist inzwischen 87 Jahre alt, seine Farce „Bezahlt wird nicht!“ stammt von 1976. Trotzdem atmet das Werk eine aktuelle Frische, wie man jetzt an der Inszenierung am Theater Oberhausen sehen kann.

Der erste Lacher resultiert schon aus der Tatsache, dass Dario Fos populäre Farce „Bezahlt wird nicht!“ in Oberhausen von einem jungen Griechen inszeniert wird. Nichts könnte besser passen in Zeiten fortgesetzter Eurokrisen, als dass ausgerechnet ein Stück über die totale Verweigerungshaltung einstudiert würde von jemandem, dessen geschichtsträchtige Heimat inzwischen zu einem Prüfstand für Währung und Haltbarkeit europäischer Gemeinschaft verkümmert ist.

Aufstand im Supermarkt

Sarantos Zervoulakos, bisher in Oberhausen mit antiken und klassischen Stoffen erfolgreich, stürzt sich denn auch voller Lust in eine Vorlage, die zwar 1976 entstand, sich aber erstaunlich passgerecht auch als anarchischer Kommentar der gegenwärtigen Verhältnisse benutzen lässt. Es beginnt damit, dass italienische Hausfrauen sich gegen Preistreiberei in einem Supermarkt wehren, indem sie die Ware an den Kassen vorbei nach Hause tragen. Und es setzt sich auf Seite der Männer fort, die plötzlich erkennen, dass ihr Arbeitgeber die Fabrik ins billigere Ausland verlagern will. Ganz zu schweigen von den Protesten gegen die Bahn, die trotz wachsender Verspätungen die Preise ebenfalls in die Höhe schraubt.

Ein grenzenloses Chaos

Das könnte jederzeit in ein Sozialdrama ausarten. Doch Nobelpreisträger Fo (87), inzwischen einflussreiches Mitglied von Beppe Grillos „5 Sterne“-Partei, weiß um die subversive Kraft des Komischen. „Im Gelächter liegt der höchste Ausdruck des Zweifels“, lautet eine seiner Thesen. Und genau deshalb verwandelt sich die Oberhausener Bühne denn auch weniger in ein Schlachtfeld als vielmehr in ein grenzenloses Chaos.

Da versuchen Frauen, ihren Männern ihr Handeln zu verheimlichen, indem sie sich das Diebesgut kurzerhand umschnallen und damit Gefahr laufen, für schwanger gehalten zu werden. Und Männer nehmen verzweifelten Polizisten die Beichte ab, die ihren Beruf unter den obwaltenden Zuständen einfach nicht mehr ausüben mögen. Vermeintliche Fruchtblasen platzen und geben Oliven in Essiglake frei, frankensteinsche Fötus-Transplantationen in spätem Stadium werden bemüht. Und einmal schaut sogar der neue Papst vorbei.

Groteske Situationen zuhauf

Das flutscht nur so von einer grotesken Situation in die nächste. Und das Oberhausener Schauspieler-Quintett (Angela Falkenhahn, Anna Polke, Michael Witte, Klaus Zwick und Torsten Bauer) tut denn auch sein Möglichstes, es nirgendwo haken zu lassen. Besonders Bauer brilliert hier gleich in (mindestens) fünf Rollen, wobei er seinen Höhepunkt in jenem Moment erreicht, da er als Bestatter sich selbst als Leiche abholen soll. Die anderen wähnen sich derweil in einer Komödie, bei der mal wieder nicht genügend Schauspieler zur Verfügung standen. Aber was soll’s, es klappt doch wunderbar.