Ist das schon wieder so lange her? Diese Frage wird sich so mancher Gast am morgigen Donnerstag im „Gdanska” am Altmarkt stellen. Patron Czeslaw Golebiewski wird für seine Verdienste um das multinationale Zusammenleben und das friedliche Miteinander im Rheinland mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet.

Und Walter Kurowski, neben dem zu Ehrenden und dessen Frau Maria gewissermaßen die kulturelle Seele der letzten polnisch/deutschen Kulturkneipe vor Gorwice, rückt Plakatmotive für Veranstaltungen im Gdanska der vergangenen neun Jahre ins Zentrum einer Ausstellung bekannter, zu einem guten Teil auch brandneuer Arbeiten.

„. . . ach sind Frauen schön” ist Lebensmotto des Künstlers wie Oberbegriff für seine Ausstellung gleichermaßen. An der Schwelle zum achten Lebensjahrzehnt ist Kuro unter diesem Oberbegriff bei den schönen Dingen des Lebens angekommen, ohne sie in die Leichtighkeit des Scheins zu rücken. Seine Aktbilder sind eher sparsam, aber mit der dem früheren Folkwangpreisträger eigenen Präzision gearbeitet. Kein Zweifel, Kuro gehört zu den besten noch lebenden Zeichnern deutscher Sprache.

Kunst als Klage

Wo seine Linienführung einst üppig geschwungen Unternehmern mit fetten Bäuchen und dicken Zigarren eingehüllt in Davidoff-Rauchschwaden galt, malt er heute Stillleben, stille Leben aber nicht von einer makellosen, glatten Schönheit. Er findet mehr Spannung im verwelkten Strauß als in einer vollendet aufgeblühten Blume, Kuro nennt dies „die Kunst des Verfalls”. Auch die Schönheiten der Landschaft dieser Region sind ihrer besonderen Geschichte entlehnt. Den alten Industriebrachen gibt Kuro sanft neues, aus der Natur erwachsendes Leben, Bäume und Sträucher wagen sich leise aus dem Gestein ans Tageslicht und auch der Mensch entwächst den Hinterlassenschaften der Industriebarone.

„Wenn man anklagen will mit seiner Kunst”, sagt Kuro heute beinahe altersweise, „dann muss man wissen, wofür man anklagt, dann muss man auch das Schöne kennen, man darf nicht nur das Anzuprangernde sehen.” Das Babylon des Künstlers, der Turmbau zu Babel steht als Metapher für die gescheiterten Versuche, mit irdischen Gütern den Himmel zu erstreben, auch dieses Bild besticht durch eine beinahe fotografische Genauigkeit, die man aus so vielen frühen bildern Kuros vor allem zu Arbeitskämpfen und Demonstrationen kennt.

Selbstportät

Ausstellung von Walter Kurowski (Kuro) dokumentiert ca. 9 Jahre kulturelles Leben in der polnischen Gaststätte Gdankska in Oberhausen vom 23.06.2009. Foto: © Tom Thöne / WAZ
Ausstellung von Walter Kurowski (Kuro) dokumentiert ca. 9 Jahre kulturelles Leben in der polnischen Gaststätte Gdankska in Oberhausen vom 23.06.2009. Foto: © Tom Thöne / WAZ © WAZ

Auch die vielen Stationen, auf denen Walter Kurowski das Jazzkarussell mit Weltliteratur verschmolz, wenn er etwa Hugo-, Dario Fo- oder Balzac-Lesungen mit meist durchaus gängigem, aber nicht glatt gebürstetem Jazz kombinierte, zitiert die Ausstellung mit dem Plakat zu einer Heine-Lesung auf dem musikalischen Karussell, „Ich bin die Flamme, du bist das Schwert” und die Trikolore schweben über dem kämpfenden Volk.

Und am Ende dieses Kampfes, am kleinen Schlusspunkt der wunderbaren Ausstellung porträtiert der Künstler sich selbst und sein eigenwillig unstetes Leben. Statt mit Pfeil und Schwert agiert Kuro mit Pinsel und Palette als Don Quijote der Musen gegen die kleinen Gemeinheiten und großen Schweinereien dieser Welt. Zu diesem Bild gelangt man nur vorbei an den Dulcineen dieses so zerbrechlichen, aber aufrechten Ritters der schönen politischen Künste.

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