Düsseldorf. . Bernd Staats gilt als einer der einflussreichsten Maskenbildner an deutschen Theatern. Jetzt wird der Chef der Maske der „Deutsche Oper am Rhein“ für seine Arbeit mit einem Preis ausgezeichnet. Sogar einen Kollegen, der für die „Harry Potter“-Filme Masken schuf, stach er bei der Wahl aus.

Bei einem, der so fröhlich rumquirlt und dazu erst 51 ist, findet man das mit dem „Lebenswerk“ ein bisschen respektlos. Aber gefreut hat sich Bernd Staatz doch. Und wie. Er hat es erst gar nicht geglaubt, als der Anruf kam.

Der Anruf verhieß „Die Goldene Maske“. Das ist eine Art Ehren-Oscar seiner Branche, nur die besten bekommen ihn. Leicht abzulesen ist das an Bernd Staatz’ Konkurrenz 2013: Mit ihm nominiert war unter anderem Barney Nikolic, der Mann, der meisterlich die Puderquaste für „Harry Potter“ schwang.

Beim Dorffriseur fing alles an

Bernd Staatz zu treffen, heißt einem Glücklichen zu begegnen. Alles würde er noch einmal so machen. Selbst die Lehre im Salon Friederich („Der Chef im grauen Kittel, wir im weißen“). Staatz am Lockenwickler, Dorffriseur, der erste Schritt zu dem, was sein Leben werden sollte: dem Theater ein Gesicht geben. Nein: ganz viele.

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Von Anne Horstmeier

Ja, es gibt bis heute Tage, die 15, 16 Stunden dauern. Staatz, seit acht Jahren Chefmaskenbildner der Rheinoper, hat sich auch schon nachts ins Auto gesetzt, um im Morgengrauen irgendwo im Bergischen aus dem kleinen Bernhard Hoëcker für die Kamera den feisten „Bullen von Tölz“ zu machen: „Da war halt das Licht nur ein paar Minuten so, dass es fast wie Alpen aussah. Also hin!“ Wer Staatz ruft, weiß warum. Er hat einen Ruf wie Donnerhall, schnell, freundlich, nimmermüde im Tüfteln.

Zwischen Rosenkavalier und Brust-Implantat

Eben haben wir noch über den „Rosenkavalier“ gesprochen, bei dem er als Perückenmacher auf der Bühne der Marschallin selbst das Haar legt. Aber plötzlich springt Staatz auf, zum Schreibtisch. Er greift in die unterste Schublade und fördert einen Silikonbusen zutage. „Der ist Kasse!“, sagt er abfällig, „das können Sie einer Frau doch nicht zumuten!“ Staatz hat auch dafür eine Lösung: Scannen von der Natur! Staatz liebt Pionierarbeit. Nicht nur, wenn er (nach Feierabend und unentgeltlich) brustamputierten Frauen den besseren Busen baut. Längst setzt er Digitales als Qualitätswaffe für die Oper ein: für präzise Perückenköpfe. Man muss ihn sehen, wie er mit dem Finger einen Haaransatz nachzeichnet, Typ: Arzt mit Herz.

„Den Beruf ablegen? Geht nicht“, sagt er und lacht über sich selbst, dass er noch beim Golfspielen den Profi-Blick hat, „wenn eine Dame etwas lustig geschminkt ist. Das kommt beim Golf ja vor.“

Von der Sänger-Glatze bis zu „Aktenzeichen XY - ungelöst“

Bärte, Warzen, offene Wunden, menschliche Schlachtfelder und Babypo-glatte Kahlköpfe: alles Maske. „Das Schöne an unserem Beruf ist doch diese wahnsinnige Bandbreite.“ Staatz’ Band ist noch breiter. Da wäre ja auch seine Rekonstruktionsarbeit für die Gerichtsmedizin, wäre „Switch reloaded“, außerdem Gegenüberstellungs-Masken fürs „Aktenzeichen XY“, es sind die hunderte Opern­inzenierungen, von denen er jede (!) Aufführung und jede (!) Maske bis zum siebten Gefangenen von links fotografisch dokumentiert. Da ist seine Firma „Atelier Staatz“. Außerdem hat die Maskenbildnerei, die man in Deutschland lange „bloß irgendwie“ lernte, professionalisiert, verschult, Standardwerke geschrieben. Ausbildungsgänge gegründet. Für den Nachwuchs setzt er sich mit Verve ein.

„Die ganz Großen sind pflegeleicht“

Staatz war Chefmaskenbildner in Bonn, Nizza, Hamburg. Placido Domingo zog er den Scheitel, das Haar großer Diven toupierte er gelassen, „meist sind die ganz Großen die besonders Pflegeleichten“.

Tenor wird zum Fisch

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Man könnte noch ein halbes Dutzend Aktivitäten listen. Und, herrje, den schwarzen Gürtel hat der Mann auch noch. Aber lieber hört man doch zu, wie er Abend für Abend unlösbar scheinende Regie-Ideen zu Theater macht, sich einfühlt in Isolde, Tamino und Otello. Und wie er sich wundert über sich selbst und das, was er alles schon gemacht hat. Dass sein Handwerk nie in der Theaterkritik Platz hat, tut das nicht weh? Staatz winkt zufrieden lächelnd ab: „Wenn man unsere Arbeit nicht sieht, dann sind wir doch eigentlich am Ziel!“