Duisburg. In der Maskenbildnerei der Deutschen Oper am Rhein wird weltweit der erste 3-D-Scanner eingesetzt. Das erleichtert die Herstellung von Perückenköpfen für Sänger, die auf der Bühne meist nicht ihr eigenes Haar zur Schau tragen können. Das war bisher oft eine quälende Prozedur.

„Jetzt ist der Kopf zusammen.” – „Aber die Nähte sind noch nicht verschweißt.” – „Noch den Müll wegschneiden.” Das ist kein Dialog aus Frankensteins Labor, und der Kopf, um den es sich in der Maskenbildnerei des Duisburger Theaters dreht, ist nicht der eines Monsters, sondern der von Opernsängerin Theresa Kronthaler.

Chefmaskenbildner Bernd Staatz (li.) nimmt mit seinem Assistenten Andreas Polich an der Sängerin Theresa Kronthaler die Verwandlung zum Sextus vor. Foto: Friedhelm Geinowski
Chefmaskenbildner Bernd Staatz (li.) nimmt mit seinem Assistenten Andreas Polich an der Sängerin Theresa Kronthaler die Verwandlung zum Sextus vor. Foto: Friedhelm Geinowski © WAZ FotoPool

Bernd Staatz, Chefmaskenbildner der Deutschen Oper am Rhein, und Christiane Minke-Korsinnek, Geschäftsführerin der Firma Minke, schauen auf den Bildschirm eines Computers, der gerade intensiv rechnet. Nach und nach fügt sich das Bild eines grauen Kopfes, dessen Form exakt den Schädelmaßen von Theresa Kronthaler entspricht.

Weltweit erster Einsatz

Staatz und die Firma Minke haben ein Gerät entwickelt, das seinen weltweit ersten Einsatz an der Rheinoper hat. „Wir sind mit die modernste Maske in Deutschland”, sagt Staatz. 3 D, dreidimensional, heißt das Zauberwort.

Perückenköpfe werden von allen Sängern benötigt, die auf der Bühne meist nicht ihr eigenes Haar zur Schau tragen können. Theresa Kronthaler benötigt zum Beispiel für die Hosenrolle des Sesto in Händels „Giulio Cesare in Egitto” eine Kurzhaarfrisur. „Unsere Perücken sollen möglichst echt aussehen, leicht sein und besonders gut passen”, so Staatz. Bislang entstanden Perückenköpfe, indem den Sängern Vaseline aufgetragen und darüber warme Gipsbinden gewickelt wurde. Mit geschlossenen Augen, nur atmend durch kleine Nasenlöcher, mussten sie ausharren, bis der Gips ausgehärtet war. Nicht jedermanns Sache.

Eine Menge Lehrgeld

Die Firma Minke ist eigentlich im orthopädischen Bereich tätig. „Fürs Theater arbeiten wir mit heißem Herzen”, sagt Christiane Minke-Korsinnek. Bei der Entwicklung des 3-D-Scanners habe man zwar „eine Menge Lehrgeld bezahlt”, aber das Gerät sei bei einer Maskenbildnertagung in London auf großes Interesse gestoßen. Das nächste Scan'n-Mould-System wird wohl nach Paris gehen.

Foto: Friedhelm Geinowski
Foto: Friedhelm Geinowski © WAZ FotoPool

Das Scannen selbst dauert nur zehn Minuten. Zuvor aber muss Theresa Kronthaler so hergerichtet werden wie am Abend einer Vorstellung. Ihr mittellanges Haar wird zu Schnecken gerollt und flach festgesteckt. Dann wird eine hauchdünne Kunststoffglatze darüber gezogen und festgeklebt. „Es ist eine gute Zeit, man muss stillsitzen, und ich denke mich in die Rolle hinein”, sagt die Sängerin.

Alle Seiten des Kopfes

Staatz zeichnet die Kontur des Haaransatzes (an dem später die Perücke angesetzt wird) und Sternchen auf die Glatze, an denen sich der Computer bei den Berechnungen orientiert. Schließlich wird mit Talkum weiß abgepudert. Zum Scannen setzt sich Theresa Kronthaler dann zwischen zwei Wände, die als Kalibrierkörper dienen. Mit der Hand fährt Staats die auf einem Stativ montierten Strichlaser plus Kamera auf und ab – alle vier Seiten des Kopfes werden vom roten Strahl erfasst. Der Computer rechnet die Daten zusammen, die auf einem Stick gespeichert werden: Als Informationen für einen 3-D-Drucker, aus dessen Düsen ein Kunststoff spritzt. Nach 14 Stunden ist der Kopf „ausgedruckt”.

Neben der Erleichterung für die Sänger und die Zeitersparnis sieht Bernd Staatz weitere Vorteile: Man kann die Daten skalieren, also den Kopf in der Größe verändern, wenn etwa eine Puppe des Darstellers benötigt wird, und die Daten können ausgetauscht werden. Sollte Theresa Kronthaler mal in Paris singen, kann ihre Perücke schon fertig sein, bevor sie mit den Proben beginnt.

Die Firma Minke an der Cecilienstraße 31 bietet ihre Erfindung auch privat an. Jeder kann seinen Kopf als Skulptur – von Originalgröße bis zentimeterklein – herstellen und ihn beispielsweise auf eine griechischen Säule, auf einen Würfel oder als Büste montieren lassen. Das Relief des Liebsten im Rahmen an der Wand, das Konterfei als Salzstreuer: Vieles ist möglich. Informationen im Internet: http://www.sculptme.de/.