Münster. . 50 Jahre deutsch-französische Freundschaft: Es hätte keinen besseren Zeitpunkt für die Weltpremiere von „Plüfoli“ auf der Bühne des GOP Varieté-Theaters in Münster geben können. Während sich der französische Staatspräsident Francois Hollande und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gegenseitig das „Du“ anbieten, verwirrt das französische Clown-Geschwisterpaar Anthony und Amelie Venisse das deutsche Publikum in der Westfalenmetropole mit abgedrehtem Mumpitz.
Mit der Erfolgsproduktion „La Folie“ (Der Wahnsinn) war es den artistischen Schelmen Anthony und Amelie Venisse bereits 2010 gelungen, vordergründig begriffsstutzig, Hintergründiges genial auf die Bühne zu stellen.
Mit „Plüfoli“- ein lautmalerisches Kunstwort aus „plus folie“, also „noch mehr Wahnsinn“ - treiben es Anthony und Amelie Venisse und ihre kleinen Artisten-Truppe nun auf die Spitze. Das „verrückt sein“, das „neben der Spur laufen“ sind Programm. Das „Normlose“ wird zur Norm.
Das Normlose wird zur Norm
Nahezu wortlos agieren die jungen Künstler aus Frankreich und Kanada in einer Kulisse, in der nichts zu stimmen scheint. Der „rechte Winkel“ ist verpönt, alles ist huckenschief, nicht kalkulierbar. Selbst das einladende Sofa ist mit Vorsicht zu genießen. Das schäbige Chaiselongue verschluckt Menschen und speit sie wieder nach Belieben auf die Bühne.
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Doch „Plüfoli“ ist keine Erzählung aus dem Horrorkabinett. „Plüfoli“ ist durch und durch fröhlich, schräg, frech und ansteckend. Die junge Artistenriege spiegelt kleine Begebenheiten des Alltags wider, verfremdet sie, krempelt sie anarchisch um, stellt Gewohntes auf den Kopf. Ein gekonntes Chaos, das der Createur und Regisseur von „Plüfoli“, Anthony Venisse, hier mit seinem spielfreudigen Team über die Rampe bringt.
„Püfoli“ spielt mit allen Sinnen
Das Regellose wird zur Regel, und alles passt zusammen. Die außergewöhnliche Komik von Anthony Venisse, der seine Nase mit rotem Isolierband rot färbt, und die schrille Amelie Venisse, die wacklig mit vorgegaukeltem Lattenschuss über die Bretter, die die Welt bedeuten, stakst, sind eben so Bestandteil des gepimpten Nonsens, wie die eigenwillige Musik der beiden Cousins Germains.
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Das Musiker-Duo agiert ebenso frisch und unvergleichlich wie die vier Artisten der „Quatuor Stomp“. Während Quentin Marotine und Mikael Vielnot mühelos mit Tuba und Saxophon wirken, fegen die vier Kanadier scheinbar schwerelos von einem Ende der Bühne zum anderen. Immer die Rolle wechselnd. Nie berechenbar. Immer quirlig und voller Witz.
Gewollte Kontrapunkte setzen dazu hoch in der Luft die Französin Charlotte Boiveau auf dem Drahtseil, die Kanadierin Anna Ward am Trapez sowie die Bewegungskünstlerin Jeanne Durand-Raucher an den Luftringen. Wenn eine schwergängige betagte Dame scheinbar spielerisch zu einem „leichten Mädchen“ mutiert, das alle Gesetze der Schwerkraft außer Kraft setzt, dann ist der verrückte Wahnsinn nicht mehr zu überbieten. „Plüfoli“ ist genial. „Püfoli“ spielt mit allen Sinnen. Wahnsinn, Tiefsinn, Frohsinn. Wer in „Plüfoli“ hinein schnuppert, wer „Plüfoli“ gehört, gesehen, und gespürt hat, der hält es mit dem ehemaligen französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle, der am 22. Januar 1963 bei der Unterzeichnung des deutsch-französischen Vertrages im Elysee-Palast vor Freude außer sich war: „Übervoll ist mein Herz und dankbar mein Gemüt“.
„Plüfoli“ ist noch bis zum 3. März im GOP Varieté-Theater in Münster zu sehen. Weitere Infos unter info-muenster@variete.de oder Tel. 0251 / 490 90 90.