Paris. Die Debatte um die Flucht von Gérard Depardieu vor dem französischen Fiskus zieht Kreise. Nun hat sie eine heftige Diskussion über die Honorare der Filmstars ausgelöst. Frankreichs Schauspieler verdienen zu viel, meint Vincent Maraval. Der Produzent und Vertreiber schlägt vor, die Top-Gehälter zu beschränken.

Frankreich gilt oft als Vorbild, wenn es um die Filmindustrie geht. Fördergelder für Produktionen und Koproduktionen fließen reichlich - und auch fette Honorare. "Frankreichs Schauspieler verdienen zu viel", wettert Vincent Maraval, einer der wichtigsten Produzenten und Vertreiber Frankreichs. Grund für seinen Unmut:

Niemand stelle in der Depardieu-Affäre die Spitzenverdienste französischer Filmstars infrage. In der französischen Tageszeitung "Le Monde" hat er seinem Ärger freien Lauf gelassen - und einen Vorschlag gemacht: ein System, das die Top-Gehälter auf 400.000 Euro beschränkt, plus Gewinnbeteiligung an den Eintrittsgeldern. Seitdem herrscht Aufregung in Frankreichs Kinowelt.

Maraval beklagt zu hohe Gagen der Schauspieler

Für den Chef von Wild Bunch, einer der bedeutendsten Produktionsfirmen weltweit, sind die hohen Honorare der französischen Leinwandstars zu einem Problem geworden. Frankreichs Filme seien zu teuer, weil die Schauspieler zu viel verlangten.

Als Beispiel führt der 43-jährige Geschäftsmann den Schauspieler Dany Boon an. "3,5 Millionen Euro für "Liebe den Nächsten". Die Eintritte reichen nicht aus, sein Gehalt zu zahlen." Und eine Million Euro für ein paar Minuten in dem letzten "Asterix"", ergänzt Maraval in seinem offenen Brief in "Le Monde".

Die Antwort des Ausnahmekomikers ließ nicht lange auf sich warten. "Was Vincent Maraval sagt, betrübt mich. Zumal die Zahlen nicht stimmen", erklärte Boon. Er versicherte, in dem jüngsten Asterix-Film 600.000 Euro Gage bekommen zu haben, keine Million. Boon lebt seit seinem Erfolgsfilm "Willkommen bei den Sch'tis" (2009) in Los Angeles.

Dany Boon (re., mit Kad Merat) in der erfolgreichen französischen Komödie Willkommen bei den Sch’tis.
Dany Boon (re., mit Kad Merat) in der erfolgreichen französischen Komödie Willkommen bei den Sch’tis. © ddp images

Laut Maraval steht Frankreich auf der Liste der teuersten Produktionen gleich an zweiter Stelle nach den amerikanischen Studios. "Zehnmal weniger Einnahmen, aber fünfmal so hohe Gehälter. So sieht die Wirtschaftlichkeit des französischen Kinos aus", ereifert sich Maraval. Frankreichs Filme kosten seinen Angaben zufolge durchschnittlich 5,4 Millionen Euro, ein amerikanischer Independentfilm hingegen rund drei Millionen.

Ärger aus wirtschaftlichen Gründen

Sein Ärger hat einen wirtschaftlichen Grund. Er hat an "Asterix und Obelix. Im Auftrag Ihrer Majestät" mitgewirkt - und dabei Geld verloren. Die jüngsten Abenteuer der berühmten Gallier konnten die stattlichen Produktionskosten von rund 60 Millionen Euro nicht einspielen: zu wenig Eintritte und zu hohe Gagen. Einen Großteil soll Depardieus Honorar gefressen haben, einen weiteren die Leistungen von Stars wie Catherine Deneuve und Dany Boon.

Bereits 2008 hatte Regisseurin Pascale Ferran einen Vorstoß in dieser Richtung gewagt, wenn auch vergeblich. "Maraval sagt, was niemand zuvor gewagt hat zu sagen. Das kommerzielle Kino folgt nicht mehr den Gesetzen des Marktes und ist oft nicht mehr rentabel", begrüßt die Drehbuchautorin die Debatte in der Tageszeitung "Libération". Das "Preis-Leistungsverhältnis" habe in den vergangenen Jahren fast nur noch bei kleinen Autorenfilmen funktioniert wie "Das Leben gehört uns" oder "L'Esquive".

Für einige seiner Branchenfreunde hat der Wild-Bunch-Gründer laut gesagt, was anscheinend viele seit längerem denken: Dass in den vergangenen 15 Jahren die Gagen übermäßig gestiegen seien und deshalb bei den Dreharbeiten und den anderen Gehältern gespart werden müsse.

Clément widerspricht Wild Bunch-Chef Maraval

Damit sind auch die beiden Produzentinnen von "Haut et Court", Carole Scotta und Caroline Benjo, einverstanden. Nur: Sie geben offen zu, dass jeder zu diesem Missverhältnis beigetragen hat - auch Wild Bunch.

Ganz anders sieht Jérôme Clément die Sache. Der Ex-Präsident von Arte gehört zu den vehementesten Kritikern des Wild Bunch-Chefs. Er griff zu denselben Waffen wie Maraval. In einem in der Tageszeitung "Le Monde" veröffentlichten Brief warf er Maraval vor, die Künstler zum Sündenbock eines Systems zu machen, das in Wahrheit viel komplexer sei. "Frankreich bleibt für französische und ausländische Filmemacher ein ideales Produktionsland."

Frankreichs Kulturministerin Aurélie Filippetti schließt sich dem mehr oder weniger an. In einem Interview mit "Le Monde" verteidigt sie das heimische Filmförderungssystem, fügt jedoch hinzu, dass man "neue Regeln" finden müsse. Sie stehe deshalb einer Debatte über die Gagen der Schauspieler durchaus positiv gegenüber. Mehr hätte sich Maraval nicht erhoffen können. (dpa)