Essen. . Das gleichnamige Musical von Stephan Kanyar (Musik), Thomas Gsella (Liedtexte) und Maren Scheel (Buch) wurde unter großem Jubel im Essener Theater uraufgeführt. Das Stück schreckt weder vor singenden Aminosäuren noch vor dem Eindruck zurück, Darwin sei nur ein rechthaberischer Gelehrter.

Ist es am Ende der Maya-Kalender? Es muss doch einen Grund haben, dass Gott in diesen Tagen allerorten auftaucht. Da ist John Nivens respektlos-satirischer Roman „Gott bewahre“, da ist bald der göttliche Auftritt von Michael Gwisdek im Kinofilm „Jesus liebt mich“. Und nun haben wir Gott auch noch als Musicalfigur auf dem Theater: „Die Erschaffung der Welt“ ist ein Werk von Stephan Kanyar (Musik), Thomas Gsella (Liedtexte) und Maren Scheel (Buch), das jetzt am Essener Theater seine Uraufführung erlebte.

Es ist ein Stück, das vor nichts zurückschreckt. Da singen Aminosäuren im Quartett, erleben wir eine erotisch aufgeladene Erdbeere, das Klagelied eines Dinosauriers, hören das Bekenntnis eines Neandertalers („Neandertal, ich komm aus dir“) und das Triumphlied der Kakerlaken. Es räkeln sich „Himmlische Heerscharen“ in Gestalt vollfetter Engel, und wir erleben einen Disco-Gott (Tom Gerber) mit Langhaar, der sich im Nichts zu Tode langweilt. Warum da nicht mal was schöpfen?

Schöpfungslehre oder Darwin?

Das klingt alles herrlich verrückt und wartet auch mit opulenten Kostümeinfällen auf (Jan Hendrik Neidert/Loredana Díaz Stephens). Doch weder die austauschbare Partitur noch die Qualität der Liedtexte sorgen für übermäßiges Amüsement. Gerade von Thomas Gsella, der ja mal Chefredakteur des Satireblattes „Titanic“ war, hatte man sich Frecheres erhofft. Aber selbst das Frechste würde vermutlich verpuffen angesichts eines Fischs, der sich mit Schwimmflossen gerade an Land neu orientiert, um die Evolution fortzuführen.

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Womit wir beim Kern dieses Singspiels angekommen wären, bei dem man irgendwann auch gemerkt hat, dass ohne Konflikt nichts geht. Also wird Charles Darwin (Jan Pröhl) erfunden, der sich fortan mit Gott darüber streiten darf, ob der Mensch nun Produkt einer natürlichen Entwicklung ist oder ein vom Allmächtigen selbst geschaffenes Wesen. Also greift Gott zum Lehmklumpen und erschafft Adam und Eva. Einfach so, um Recht zu behalten.

Nun ist im Musical schon manch kurioser Stoff verarbeitet worden. Einen Diskurs darüber aber, ob der Mensch nun vom Affen abstammt oder bibelgemäß in die Welt gesetzt worden ist, den hätte man sich derzeit eigentlich nur in religiös verkrusteten Gebieten der USA vorstellen können. Regisseurin Caroline Scholz aber bürdet ihn uns recht einseitig auf, indem sie Darwin zu einem rechthaberischen Gelehrten macht, aus Gott aber einen augenzwinkernden Alleskönner. Sie hat in Essen Adolf Winkelmanns schönen Aussteigerfilm „Jede Menge Kohle“ mal zu einem Lustspiel verformt. Schon damals war einem nicht ganz wohl dabei.

Das Publikum aber kann sich auch diesmal vor Jubel kaum fassen.