Essen. Was die Theater an Rhein und Ruhr in der kommenden Saison so alles im Angebot haben: Intendanten der Region nennen ihre Hoffnungsträger. Es gibt ein breites Angebot vom „Magneten der Affen“ bis „Clockwork Orange“, von „Kabale und Liebe“ bis zu Elfriede Jelineks Fukushima-Stück „Kein Licht“.

Erste kleine Theater spielen bereits, aber so richtig beginnt die neue Saison der Sprechbühnen an Rhein und Ruhr am 13. September, wenn das Moerser Schlosstheater mit Ibsens „Ein Volksfeind“ eröffnet. Wir haben einige Theater-Chefs gefragt, welche Inszenierungen ihres Programms ihnen besonders am Herzen liegen.

Dortmund

Kay Voges: „In unserer Eröffnungspremiere ,Einige Nachrichten an das All’ (14. 9.) will der Autor Wolfram Lotz aufzeigen was passiert, wenn Realität und Fiktion aufeinanderprallen. Wo hört die Figur auf und wo fängt das Leben an? Und da wir in einer immer virtueller werdenden Welt leben: In ,Der Live-Code’ (21. 2.) wird der Schauspieler zur Datenmenge, der Körper verschwindet und versucht, im ,Second Life’ zu überleben.“

Das experimentierfreudige Dortmunder Theater hat viele Überraschungen parat. Neben Schillers „Kabale und Liebe“ (29. 9.) gibt es auch „Kannibale und Liebe“ (21. 10.) von Jörg Buttgereit, der dem Massenmörder Ed Gein nachspürt. „Die Agonie und die Ekstase des Steve Jobs“ (3. 11.) schließlich erzählt von einem glühenden Apple-Verehrer, dem die Unschuld abhanden kommt.

Bochum

Anselm Weber: „Ich tue mich da unheimlich schwer. Aber worauf ich neben der schwerpunktmäßigen Arbeit von Roger Vontobel und David Bösch am meisten gespannt bin: auf die Rückkehr von Christina Paulhofer ans Schauspielhaus mit ,Liliom’ (6. 4.) und auf den Tunesier Fadhel Jaibi, der mit ganz eigenen Erfahrungen Kafkas ,Prozess’ (13. 10.) einrichten wird.“

Die Fans wird es entzücken, dass Thomas Anzenhofer mit „Well, You’re My Friend“ (27. 9.) einen zweiten Johnny-Cash-Abend vorstellt. Uraufführungen: Lutz Hübners „Richtfest“ (8. 12.) und Dirk Lauckes „Jim Bowatski hat kein Schamgefühl“ (3. 2.). Der Niederländer Paul Koek, bekannt für lange Abende, will „Moby Dick“ (23. 2.) auf die Bühne wuchten.

Essen

Christian Tombeil: „Unser Spielzeit-Thema lautet ,Schöne neue Welt’. Da verspreche ich mir eine wegweisende Eröffnung von Volker Löschs Inszenierung ,Rote Erde’ (26. 9.). Junge Arbeitslose bilden den Chor, es geht um den Strukturwandel im Ruhrgebiet. Und mit Joseph Roths ,Hiob’ (21. 10.) wird uns Regisseur Wolfgang Engel zeigen, was Glaube ist, was er bewegt und was nicht.“

Das komplette Essener Programm klingt vielversprechend. Bei „Die Erschaffung der Welt – Das Musical“ (15. 12.) wird der Ex-Titanic-Chef Thomas Gsella als Ko-Autor genannt. Christoph Roos bastelt noch daran, Goethes „Faust I + II“ (2. 3.) an einem Abend zu spielen. Hermann Schmidt-Rahmer inszeniert statt des angekündigten Science-Fiction-Klassikers „Blade Runner“ Anthony Burgess’ „Clockwork Orange“.

Oberhausen

Peter Carp: „Mit ,Krise! Welche Krise?’ haben auch wir erstmals ein Spielzeit-Motto. Da ist Roddy Doyles ,Der Sparkommissar’ (21. 9.) nach Gogols ,Revisor’ genau die richtige Eröffnung. ,Sparkommissar’ war das erste Wort, das ich in Oberhausen gelernt habe. Und ganz herrlich finde ich es, dass gerade Dario Fos ,Bezahlt wird nicht!’ (22. 3.) von dem Griechen Sarantos Zervoulakos inszeniert wird.“

Ansonsten unternimmt das Anti-Musical „Magnet der Affen“ (11. 1.) einen Trip zum affigen Weltparalleluniversum. Schorsch Kamerun plant unter dem Titel „Alle im Wunderland“ (15. 2.) ein „theatrales Bürger-Konzert“ mit Experten des Alltags. Und der „Exorzist“ (6. 4.) betreibt seine Teufelsaustreibung in der Lutherkirche.

Moers

Ulrich Greb: „Der Regisseur Philipp Preuss stellt am 24. Januar den ,Prometheus’ des Aischylos und Elfriede Jelineks Stück ,Kein Licht’ gegenüber, das unter dem Eindruck der Havarie des Atomkraftwerks Fukushima entstanden ist. Es rechnet ab mit dem bedingungslosen Glauben an die Beherrschbarkeit der Technik. Den Beginn der ewigen Sucht des Menschen, die Natur seiner Kultur zu unterwerfen, markiert die Eroberung des Feuers durch Prometheus, der für seine Überheblichkeit ewige Qualen erleiden muss.“

Unter dem Motto „Zwei Grad Plus“ beschäftigt sich die Moerser Bühne in der neuen Saison mit dem Verhältnis des Menschen zur Natur. Nach dem Ibsen-„Volksfeind“ des Intendanten (13.9.) inszeniert Ensemble-Schauspieler Matthias Heße Gaétan Soucys „Das Mädchen, das die Streichhölzer zu sehr liebte“ (25. 10.) und Julius Jensen eine Bühnenfassung von Daniel Defoes „Robinson und Freitag“ (15. 11.).