Dortmund. . Zu Weihnachten soll es natürlich besonders gut schmecken. Spitzenkoch Stefan Manier erklärt, worauf bei der Zubereitung des Weihnachtsmenüs geachtet werden muss. Das A und O sind die Zutaten, doch: Ohne Liebe gelingt weder die Suppe noch die Soße.

Bei diesen Dreien brennt beim Fest nichts an. Das ist so sicher wie die drei Strophen von „Oh Du Fröhliche“ im Weihnachtsgottesdienst. Der Schnellkurs mit Spitzenkoch Stefan Manier wird unseren Lesern noch lange auf der Zunge liegen – und wohl auch nachwirken am heimischen Herd.

Barbara Vohrmann hat sich durch den Schnee aus Schalksmühle an die B1 gekämpft. Die Hausfrau kocht gerne und gut, aber ihr erstes und bis jetzt auch letztes Risotto „veränderte sich irgendwie im Topf“. Heißt: Das war gar nichts. Sandra Sternberg kommt aus Lüdenscheid und tut sich manchmal schwer mit Kurzgebratenem. Und der Dortmunder Hobbykoch Rainer Schäffer steht mit Großgeflügel auf Kriegsfuß. Die letzte Gans habe er regelrecht „zerfetzt“, gesteht er .

Ohne Liebe gelingt weder Suppe noch Soße

„Kochen ist keine Hexerei“, weiß Manier, der sich trotz Dezember-Stress in seinem Gasthaus Zeit für uns nimmt. „Kochen hat aber viel mit Nachdenken zu tun“, schiebt er nach. Und ohne Liebe wird’s sowieso nix – ob Suppe oder Soße.

Aus der Gans hat Manier mit Blick auf die Uhr mal eben eine Ente gemacht, „das Fleisch ist auch viel feiner“, sagt der Meister und greift sich das Tier. Salzt es und holt das Blech. Was mit der Füllung ist? will Herr Schäffer wissen, „meine Oma aus Ostpreußen hat immer Majoran….“ Sie hat’s sicher gut gemeint.

Auf der Haut gebratenes Zanderfilet mit Kräuterhüttenkäse

Aber von Füllungen in Wintergeflügel hält der Profi gar nichts. „Warum soll eine Ente zum Beispiel nach Zwiebeln schmecken? Eine Ente soll doch nach Ente schmecken.“ Bei 140 Grad, mittlere Schiene kommt der Flattermann aufs Blech. Im zweiten Blech (unterste Schiene) schwimmt nur Wasser. Das Entenklein (Pürzel, Halsfett, Flügel) wird im Topf geschmort. Mit Pastinaken, Petersilienwurzeln, Äpfel, Sellerie und Möhren wird das die Soße. Beifuß, Sternanis, Wacholder, Piment, Zimtblüten kommen dazu – am „besten immer frisch zerstoßen“, sagt Manier. Glasiert mit Rotwein lässt er den Inhalt ruhig vor sich hin simmern. Um Gottes Willen nicht hinterher das Bratfett aus dem Ofen in den Topf und Rührversuche mit Sahne! Manier schüttelt’s: „Daraus in zwei Minuten eine leckere Soße zaubern, das kann nicht mal David Copperfield!“

Maniers beste Tipps

  • Das Menü so zusammenstellen, das der Einkauf in einem Rutsch erledigt werden kann. Vieles am Tag vorher vorbereiten, damit Zeit für die Gäste bleibt.
  • Kein Angst vorm (Über-)Würzen. Frische Kräuter nicht lange mitkochen! Lieber am Ende frisch hacken, nur unterrühren.
  • Gutes Olivenöl kribbelt auf der Zunge und kostet Geld (1 Liter ab 16 Euro). Dafür ist es aber auch ein Genuss: „Ein paar Tropfen Olivenöl, eine Scheibe gutes Brot. Mehr braucht der Mensch doch nicht“, findet Manier.
  • Finger weg von Filet, dass überhaupt nichts Weißes, kein Fett hat. Gute Fleisch-Qualität hängt in erster Linie vom guten Leben des Tieres ab.
  • Mit Kartoffelpüree-Flocken die Soße binden.

Der Ente wird eingeheizt. Jetzt ist Zeit – erst einmal für eine leckere Vorspeise. Auf der Haut gebratenes Zanderfilet mit Kräuterhüttenkäse. Manier hat aber noch mehr mitgebracht: ein Rinderfilet, klassische Steaks und einen Hirschrücken. Für uns lüftet er ein Geheimnis: Ohne (!) Fett in einer guten Teflonpfanne wird das Fleisch kurz angebraten. Kein Öl bitte, es würde sofort spritzen, weil Wasser austritt. Und immer genug Platz lassen in der Pfanne für die einzelnen Fleischstücke, sonst fängt’s an zu köcheln. Das Filet kommt dann bei 80 Grad in den Backofen – zwei Stunden später wäre es immer noch saftig und zart, weiß der Experte. Das Trio staunt. Das käme bei Gästen gut an, weil alle am Tisch Zeit haben.

Sandra Sternberg ist scharf auf die Soße zum Fleisch. Manier hackt rote Zwiebeln, fügt Butter hinzu, mahlt schwarzen Pfeffer, greift zum Ahornsirup (der karamellisiert), braucht viel, viel Rotwein, Traubensaft und lässt alles einkochen (reduzieren!).
Wichtig beim Kochen: Geduld. Ruhig bleiben, mahnt Manier. Schon beim Zander auf der Haut gebraten hätten die Damen der Runde immer wieder zum Pfannenwender gegriffen. „Wir hätten schon dreimal druntergeguckt“, beichtet Sandra Sternberg. Manier wendet nur einmal. Zum Schluss. Zum Fisch gibt’s Hüttenkäse mit Kresse, Schnittlauch, gehacktem Spinat, Orangenschale – verrührt, fertig. „Boah, ist das lecker“, Rainer Schäffer ist begeistert. So einfach kann gute Küche sein.

Das A und O sind die Zutaten

Stichwort Gute Küche. Da wird Stefan Manier jetzt mal grundsätzlich. Alle Zutaten, das Öl, Geflügel oder Fleisch müssen gut sein, fordert er. Was bedeutet: „Die Qualität hängt in erster Linie vom Leben des Tieres ab.“ Wer da spart und die 100 Gramm für 99 Cent sucht, „kann am Herd nicht mehr viel heraus holen“, weiß Manier. Auch beim Olivenöl, das ihm mit einer guten Scheibe Brot zum Leben reicht, duldet der Sternekoch keine Kompromisse.

Maniers beste Sprüche

  • „Warum sollte die Ente nach Zwiebeln schmecken, sie soll nach Ente schmecken.“
  • „Keiner schüttet einen Barolo in die Soße.“
  • Aufruf an alle Hobbyköche: „Vernichtet Eure Knoblauchpressen!“
  • „Kochen ist keine Hexerei, sondern Logik. Und man muss nachdenken.“
  • „Rezepte sind sinnlos. Wenn ich mal ein Rezept suche, gucke ich bei chefkoch.de.“
  • „Die Deutschen haben immer was zu meckern.“

Was wir mitnehmen: Von allem weniger, das Wenige aber gut, empfiehlt der Spitzenkoch, der so gar nicht auf Schicki-Micki steht.

Die Ente brutzelt so vor sich hin, da drängt Frau Vohrmann auf ihr geliebtes Risotto. Wir schwitzen Schalotten an, geben den Reis dazu, bis er glasig ist. Und löschen mit Weißwein. Stefan Manier liebt Risotto, weil es wie so häufig in Italien eine „Kühlschrank-Küche“ ist. Einfach alles kann ins Risotto. Was wir auch heute lernen: Statt Gemüsebrühe bringt auch ein Liter Gemüsesaft, aufgepeppt mit frischen Tomaten und halbierten Zwiebeln, die nötige Flüssigkeit. Das Risotto wird schön rot, sehr aromatisch. Am Ende gönnt Manier dem Gericht noch einen Löffel Mascarpone, natürlich viel Parmesan und, als das Risotto so richtig schön „schlotzig“ ist (Manier) legt der Chefkoch noch kleine Stücke im Backofen bei kleiner Hitze gegarte Lachsstücke dazu (15 Minuten bei 45 Grad). Manier liebt Lachs, legt sich richtig ins Zeug für den Fisch, „völlig zu Unrecht verpönt, Lachs wird immer nur falsch zubereitet.“

Lachs auf Risotto -- alle probieren und stimmen ein gemeinsames Loblied an. Barbara Vohrmann wird es nie wieder falsch machen…

Wir gucken auf die Uhr. Die Ente ist fertig. Rainer Schäffer kann endlich zusehen, wie das Großgeflügel richtig tranchiert wird. Denn gestern Abend hatte er viele Gänse-Gäste am Tisch. Diesmal wird er das Messer richtig gesetzt haben.