Essen. . Ein Spaziergang für Blicke: Die neue Ausstellung des Ruhrmuseums setzt die schau „Von A bis Z“ ab dem Buchstaben „K“ fort. Einige Hundert Bilder von „Klassiker“ bis „Zerfall“ dokumentieren die Bandbreite des Foto-Archivs im Ruhrmuseum, das über insgesamt drei Millionen Negative verfügt. Rund 700 000 sind online.
Coca-Cola ist hierzulande seit fast einem Jahrhundert auf dem Markt, 1929 wurde in Essen die erste Flasche auf deutschem Boden abgefüllt. Aber dass dieser Inbegriff amerikanischer Lebensart auch im Nazi-Deutschland heftig beworben wurde, ist längst vergessen. Umso verblüffender dieses Bild von zwei gut gebauten Turnern, die wie verliebt auf eine Cola-Flasche blicken – einer der beiden hat gar ein Hakenkreuz auf dem Turnerhemd. Dieses 1938 entstandene Werbefoto ist eines von rund drei Millionen Negativen im Foto-Archiv des Ruhrmuseums.
Ein winziger Bruchteil davon ist dort jetzt in der neuen Ausstellung „Von A bis Z, Teil II“ zu sehen. Und ja: Der letzte Abstich auf der Henrichshütte, die Zinkbadewanne in der Küche und die Flankengötter vor den Schloten der Thyssen-Hütte sind auch dabei, in der Abteilung „Klassiker“. Aber: Es ist eine veritable Foto-Ausstellung, auch jenseits aller sentimentalen Revierseligkeit.
Hakenkreuz-Cola im Ruhrmuseum
Im Kapitel „Manipulation“ ist zu entdecken, dass man in den 50ern keine Digitalfotografie brauchte, die „Polizei“-Aufschrift von einem VW-Käfer, der im Dienste der Kriminalitätsverfolgung demoliert wurde, konnte auch im Labor unauffällig verschwinden.
Alte Funde aus dem Revier
Die Hakenkreuz-Cola schmückt die Abteilung „Werbefotografie“, wo auch Rasenmäher im knallroten Sonntagskleid geschoben werden und Bergleute zu Reklamemodels werden, mal für Milch, mal für Schlegel-Pils. Tanzende Afrikaner und Stammeshäuptlinge im Kamerun, deren Untertanen sich die Hände vors Gesicht halten, bietet die Abteilung „Wissenschaft“, die auch den Fühleransatz an einem Ameisenkopf zeigt, wie er durch die 200-fache Vergrößerung eines Mikroskops zu sehen ist.
Von der Entführung Albrechts bis zum Besuch von Kennedy in Köln
Die Entführung Theo Albrechts oder die Hochzeit Arndt von Bohlen und Halbachs mit Henriette von Auersperg, der Minirock-Wettbewerb von 1967, der Ausflug der Schmalzlocken-Teds oder der Zauber der Industrie-Botanik auf den Brachen, die erstaunlich weißen Hinterhof-Gänse und die schwarzen Fahnen des Protests gegen Zechenschließungen, der Besuch von Kennedy 1963 in Köln – es ist die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, die aus dieser Fotoschau eine kleine Schatztruhe macht. Und wer will, kann mit dem eigenen Computer im Fotoarchiv des Ruhrmuseums stöbern: Rund 700 000 Aufnahmen stehen unter www.fotoarchiv-ruhrmuseum.de.
- Von A bis Z
- Bis 14. April 2013
- Ruhrmuseum Essen, Gelsenkirchener Str. 181
- Eintritt: 2 €, erm. 1 €, Familien 4 €
- Mo-So 10-18 Uhr
- Führungen: 14.10.2012, 11.11.2012, 09.12.2012
- Katalog: 19,80 €