Duisburg.

Eigenhändige Schriften Wilhelm Lehmbrucks sind rar. Umso größer ist derzeit die Freude im Duisburger Lehmbruck-Museum, das einen bisher unbekannten Brief des Bildhauers von 1911 erhalten hat.

Der Brief, der dem Museum aus dem baden-württembergischen Güglingen (Landkreis Heilbronn) geschenkt wurde, lag offenbar über Jahre in einem ererbten Buch, das einst der Frau des ehemaligen Duisburger Stadtbaurats Karl Pregizer gehörte. Und er belegt Lehmbrucks Interesse, für das seinerzeit neue Theater in Duisburg Kunst zu schaffen.

Lehmbrucks Interesse für Duisburg

Das Schreiben Lehmbrucks aus Paris vom 14. Oktober 1911 an den damaligen Stadtbaurat Pregizer belegt, wie wichtig es ihm ist, einen Auftrag seiner Heimatstadt Duisburg zu erhalten. Zwar wohnt Lehmbruck zu diesem Zeitpunkt mit seiner Familie in der französischen Hauptstadt und schafft dort mit der „Knienden“ sein erstes großes Meisterwerk, er bewirbt sich mit seinem Schreiben als „geborener Duisburger“ jedoch intensiv darum, die „plastischen Arbeiten ... für das neue Theater“ auszuführen.

Er erwähnt nicht nur Heinrich Averdunk - damals Geschäftsführer des Duisburger Museumsvereins und Leiter des Heimatmuseums im Rathaus - als seinen Fürsprecher, er wendet sich auch an den Architekten des Theaters, Martin Dülfer, dem er Abbildungen seiner Werke zukommen lässt. Ein bereits bekannter Brief von Karl Ernst Osthaus (Gründer des Folkwang-Museums) an Dülfer, verfasst am 20. Dezember 1911, verdeutlicht den Hintergrund von Lehmbrucks eifriger Akquise: „Dass für Herrn Lehmbruck, der sich so eben durchschlägt, der Auftrag eine große Förderung sein dürfte, bedarf wohl kaum der Erwähnung.“

Tatsächlich wird Lehmbruck 1912 ni cht von der Stadt, aber vom Duisburger Museumsverein beauftragt, eine Marmorversion der „Duisburgerin“ (“Stehende weibliche Figur“, 1910) zu fertigen. Als Grundstein der heutigen Lehmbruck-Sammlung bereichert sie zunächst die Altertümer-Sammlung Averdunks unter dem Rathausdach, ins Theater – wo sie heute noch steht – gelangt die Skulptur erst Jahrzehnte später.

Bedeutsamer Fund

Marion Bornscheuer, die für Lehmbruck zuständige Kuratorin am Museum, unterstreicht die Bedeutung dieses Fundes für die wissenschaftliche Forschung: „Schenkungen wie diese sind ein Glücksfall für unsere Arbeit - besonders, da sich von Lehmbruck kaum eigene Aufzeichnungen und Korrespondenzen erhalten haben.“

Verfasst habe Lehmbruck diesen Brief knapp zwei Wochen nach der Eröffnung des Pariser Herbstsalons 1911, in dem er seine ‘Kniende’ ausgestellt hat. Dies dürfte ihm das entsprechende künstlerische Selbstbewusstsein vermittelt haben. „Umgekehrt sensibilisieren Ausstellungen wie die von uns 2011 gezeigte Jubiläumsschau zur ‘Knienden’ die Bevölkerung für solche seltenen ‘Dachbodenfunde’ wie diesen wunderbaren Lehmbruck-Brief, so Bornscheuer weiter.

„Dass nun schon zum zweiten Mal aus dem süddeutschen Raum ein Geschenk an das LehmbruckMuseum kommt, unterstreicht die Bedeutung des Lehmbruck-Archivs nachdrücklich“, so Museums-Direktor Raimund Stecker. „Und dieser Brief zeigt, wie wichtig es ist, unsere Ausstellung „47/12 - Kunst aus Duisburg“ in diesem Jahr zu zeigen. Künstler bedürfen immer der Förderung - und werden sie auch noch so berühmt.“