Berlin. . Genau vor 15 Jahren veröffentlichte die völlig unbekannte Autorin Joanne K. Rowling ein Buch, dessen Hauptfigur Groß und Klein bis heute fasziniert. Am 26. Juni 1997 erschien in Großbritannien das erste Buch über den Zauberschüler Harry Potter. Die erste Auflage hatte gerade mal 500 Exemplare.

Von der Kleinauflage zum Weltbestseller: Die „Pottermania“ kam langsam in Fahrt. Dass die Abenteuer des Zauberlehrlings „Harry Potter“ einmal zahlreiche Rekorde sprengen würden, war zu Beginn nicht abzusehen. Die Erstausgabe des Romans aus der Feder der Britin Joanne K. Rowling wurde am 26. Juni 1997 in einer Auflage von nur 500 Exemplaren gedruckt. Als die deutsche Übersetzung „Harry Potter und der Stein der Weisen“ ein Jahr später in die Läden kam, wurden zunächst ebenfalls nur 8.000 Bücher gedruckt. Erst beim vierten Band durchbrach die Startauflage in Deutschland die Millionengrenze.

Bis heute verkauften sich die sieben Bücher weltweit 450 Millionen Mal. Sie wurden in 73 Sprachen übersetzt und mit gewaltigem Erfolg verfilmt. Rowling erschuf für ihren Helden eine ganz eigene, magische Welt mit der Zauberschule Hogwarts als Zentrum. Jeder der sieben Band schildert Harrys Erlebnisse aus einem Schuljahr - bis zu seinem endgültigen Sieg über den bösen Magier Lord Voldemort im letzten Teil.

Die Leser konnten mit Harry Potter wachsen

Die jungen Leser konnten über die Jahre mit Harry und seinen Freunden erwachsen werden. Rowling habe Themen wie Freundschaft und die erste Liebe aufgegriffen und vom Kampf zwischen Gut und Böse erzählt, sagt die Jugendbuch-Expertin Stephanie Jentgens. Dies seien „uralte Menschheitsthemen“. Die Leser hätten mit Harry Potter wachsen können. „Das war ein sehr kluges Konzept.“

Millionen Fans weltweit fieberten mit dem Romanhelden mit. Begeisterte „Potter“-Leser gründeten Fanclubs, veröffentlichten Online-Lexika und diskutierten eifrig in Internetforen. Die „Pottermania“ brach sich regelmäßig Bahn, wenn ein neuer Band oder ein neuer Film herauskam. Vor den Buchläden und den Kinos bildeten sich lange Schlangen.

„Bücher haben Potenzial zum Klassiker“

Nach Ansicht von Jentgens haben die Romane inzwischen einen festen Platz in der Literaturgeschichte sicher: „Ich glaube schon, dass die Bücher das Potenzial zum Klassiker haben.“ Auch nach Einschätzung des Anglistik-Professors Thomas Kullmann von der Universität Osnabrück hat „Harry Potter“ Klassikerformat. „’Harry Potter’ steht in der großen Tradition der englischen Kinder- und Jugendliteratur, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht, mit Texten wie ‘Alice im Wunderland’, ‘Pu der Bär’ oder ‘Der kleine Hobbit’“, sagte Kullmann. Wie andere Klassiker der Jugendliteratur spreche „Harry Potter“ zudem auch Erwachsene an.

Rowling habe zwei ganz unterschiedliche Erzähltraditionen vermischt: „Das eine ist die Tradition der Schulerzählung, die in England schon lange ein beliebtes Thema war. Das Internat war für viele ein Ort der Imagination und der Utopie“, sagte Kullmann. Dies werde verbunden mit der Welt der Magie: „Diese Grundidee hat gezündet.“ Ab den fünften Band stieg das Niveau aus seiner Sicht noch an: „Man erkennt einen erzählerischen Ehrgeiz in der Darstellung der Psychologie von Heranwachsenden, der in den Bänden davor nicht so zu sehen war.“

Erfolg war für Rowling Fluch und Segen zugleich

Auf die Idee für ihren Romanhelden war Rowling nach eigener Aussage in einem überfüllten Zug gekommen. Mehrere Jahre schrieb sie an der ersten Geschichte über den jungen Zauberer. Für Rowling war der Erfolg der Reihe Fluch und Segen zugleich. Die ehemalige Sozialhilfeempfängerin, die als alleinerziehende Mutter am ersten „Harry Potter“-Band arbeitete, wurde quasi über Nacht eine der berühmtesten und auch reichsten Frauen Großbritanniens. Sie sah sich aber auch mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert, kämpfte vor Gericht um die Privatsphäre ihrer Familie und musste sich mit Kritikern aus christlich-fundamentalistischen Kreisen auseinandersetzen.

Der Carlsen-Verlag, der „Harry Potter“ nach Deutschland holte, landete mit der Saga einen Volltreffer. Bis heute wurden 31 Millionen deutsche Exemplare verkauft. „’Harry Potter’ ist zum natürlichen Sortiment einer Buchhandlung geworden“, sagt Verlagssprecherin Katrin Hogrebe. Der siebte und letzte Band, „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“, erschien 2007. Hoffnung auf eine Fortsetzung besteht kaum, obwohl Rowling dies auch nicht explizit ausschließen will.

Rowling veröffentlicht erstes Buch für Erwachsene

Die inzwischen dem Jugendalter entwachsenen „Potter“-Fans können sich aber auf Rowlings neues Werk freuen. Am 27. September wird die 46-Jährige ihren Roman für Erwachsene veröffentlichen. Die schwarze Komödie „The Casual Vacancy“ spielt in einer englischen Kleinstadt, deren Idylle durch den plötzlichen Tod eines beliebten Mannes gestört wird. (dapd)