Essen. Der Mantel von der Stange, der Lokalteil maßgeschneidert - das sichert so mancher Zeitung die Wirtschaftlichkeit. Die Zusammenarbeit zwischen Verlagen kann aber auch im Lokalen sinnvoll sein, sagt der NRW-Verlegervorsitzende Nienhaus.

Viele Zeitungsverlage sind längst zu Medienhäusern geworden. Überregional aufgestellt geben sie mehrere Titel heraus oder liefern Mantelteile an andere Zeitungen, sind an Radiosendern beteiligt und online aktiv, veröffentlichen Anzeigenblätter und Magazine. Ein Alleinstellungsmerkmal bleibe aber der Lokalteil, sagte Christian Nienhaus, Vorsitzender des Zeitungsverlegerverbandes Nordrhein-Westfalen, zwei Tage vor dem Medienforum NRW im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Nienhaus ist, zusammen mit Manfred Braun, Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe, in der 40 Zeitungen erscheinen, darunter «WAZ», «Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung», «Westfälische Rundschau» und «Westfalenpost».

Geht das eigentlich noch zusammen, das große Medienhaus und die kleine Lokalzeitung?

Christian Nienhaus: «Natürlich geht das zusammen, denn die Finanzierung von sehr kleinen Lokalausgaben kann überhaupt nur noch ein großes, solides Verlagshaus bewerkstelligen. Wenn ich mir Ausgaben der «Westfälischen Rundschau» im Sauerland anschaue, wo sie Zweitzeitung ist, mit Auflagen pro Ausgabe von 1500 oder 1800 Exemplaren, sind die für sich unwirtschaftlich. Man kann sie nur im großen Verbund organisieren. Das steht aber überhaupt nicht im Widerspruch zu der These, dass der Lokaljournalismus unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass man die Kräfte noch mehr auf das Lokale konzentrieren muss. Die Weltnachrichten von der Fußball-EM, über Obama oder Syrien müssen wir zwar bringen, aber die kann man auch woanders bekommen. Die kleinen Sensationen des Lebens dagegen erfahren die Leute nur bei uns in der Lokalzeitung.»

Ist hier eine Zusammenarbeit zwischen Verlagen denkbar, also gemeinsame Lokalredaktionen?

Nienhaus: «Das ist absolut sinnvoll. Vor über zehn Jahren habe ich bei der «Badischen Zeitung» in Freiburg mit dem «Südkurier» in Konstanz in Lokalausgaben Kooperationen organisiert. Es gab Lokalausgaben, die so klein geworden waren, dass man sie eigentlich hätte schließen müssen. Die beiden Zeitungen hatten eine sehr unterschiedliche politische Ausrichtung in den Mantelausgaben, und diese Vielfalt im Mantel konnte erhalten werden, indem in bestimmten Regionen nur noch eine Zeitung den Lokalteil für beide lieferte.»

Womit die Vielfalt im Lokalen verloren ging.

Nienhaus: «In diesem Fall ging sie verloren, aber die Vielfalt im Mantel wurde gesichert. Es kann beide Möglichkeiten geben: Die Zusammenarbeit im Lokalen, um die Vielfalt im Mantel zu sichern, wie wir es auch im eigenen Haus in Siegen bei der Zusammenarbeit zwischen der «Westfalenpost» und der «Westfälischen Rundschau» organisieren. Und auf der anderen Seite die klassische Mantellieferung, bei der die kleine Zeitung mit eigenen regionalen und lokalen Teilen den Mantel von jemand anderem bezieht.»

Gibt es bei der Zusammenarbeit im Lokalen rechtliche Hürden?

Nienhaus: «Bei der gegenseitigen Belieferung mit Inhalten nicht. Bei einer Anzeigenkombination oder wechselseitiger Beteiligung gäbe es kartellrechtliche Probleme.»

Vernetzt, offen, mobil - das sind die Schlagworte beim Medienforum. Was bedeuten sie im Lokalen?

Nienhaus: «Für uns ist die Frage, für welche Inhalte man im Netz Geld verlangen kann. Den Bericht über das deutsche EM-Spiel oder den EU-Gipfel muss ich unentgeltlich einstellen, weil die Information überall kostenlos zu bekommen ist. Dagegen muss man genau überlegen, welche lokalen Inhalte, die man exklusiv hat und die die Leute auch suchen, kostenlos online gestellt werden. Da steht der eine oder andere Verlag manchmal auf der Bremse, manchmal auf dem Gaspedal - hier muss man den richtigen Weg noch finden. Klar ist: Es wird niemand - auch keines der ganz großen Netzwerke - eine solche Dichte an Profijournalisten in der Region und im Lokalen organisieren können, wie es die Zeitungsverlage tun.»