Recklinghausen. . Beeindruckendes Theaterereignis: Simon McBurney gelingt eine sehr plastische Adaption von Michail Bulgakows Roman „Der Meister und Margarita
Man mag Simon McBurneys Bühneneinrichtung von Michail Bulgakows Roman „Der Meister und Margarita“ eigentlich nicht einfach eine Inszenierung nennen, dieser Begriff greift viel zu kurz. Schon eher müsste man von „Gesamtkunstwerk“ sprechen, denn nur das wirkt irgendwie passend für dieses exakte Zusammenspiel von Schauspielern, Puppenspielern sowie Licht- und Videokünstlern, die die Bühne des Ruhrfestspielhauses zu verzaubern scheinen.
Eigentlich sperrt sich Bulgakows ausuferndes Werk mit seinen kunstvoll verwobenen parallelen Erzählsträngen über alle Zeitschranken hinweg gegen eine Dramatisierung. Trotzdem wird es immer wieder versucht, zuletzt noch mit bemerkenswertem Erfolg durch Kay Voges in Dortmund. McBurney geht es vor allem um Präzision, die Bilder schnurren nur so ab, alles Räderwerk greift wie selbstverständlich ineinander.
Ausgerechnet 1939 besucht der Teufel mit seinem Gefolge Moskau, als hätte man dort mit dem Satan Stalin nicht schon genug. Unter dem Namen Voland und mit schnarrendem deutschen Akzent kämpft er in der russischen Metropole um seine Existenzgrundlage: Wo Gott geleugnet wird, spielt auch der Teufel bald keine Rolle mehr. Dass uns dieser Voland mit seinem ganzen Habitus an den Mephisto eines Gustaf Gründgens erinnert, hat seinen Grund – Bulgakows Werk versucht mit seiner ganzen Erzählkraft an den „Faust“ zu rühren. Eine an Gretchen gemahnende Kindsmörderin taucht auf, und Margarita durchlebt ihre ganz eigene Walpurgisnacht.
Margarita steht für die unverbrüchliche Liebe, die sie mit ihrem Meister verbindet, einem russischen Poeten, der im Irrenhaus schmachtet. Hat er es doch gewagt, einen Roman über die Beziehung von Pontius Pilatus und Jesus zu schreiben, was ihn in der Hochburg des Atheismus als krankes Geschöpf abstempelt. Wie Jesus hat auch der Meister seinen Judas, die Bilder ähneln sich, kunstvoll gleiten sie aneinander vorbei. Das Licht-Design schafft dazu auf der großen weiten Bühne immer wieder kleine, intime Räume.
Für den Meister durch die Hölle
Das schauspielerische Ereignis des Abends ist Paul Rhys, der sowohl den Teufel Voland mit seinen blitzenden Goldzähnen verkörpert als auch den Meister, für den Margarita im wahrsten Sinne des Wortes durch die Hölle geht. Auch die anderen Akteure haben genügend Strahlkraft, um nicht von den optischen Effekten erdrückt zu werden. Nur wenn am Ende per Video erzeugte Häuser bersten und die Tonspur voll aufdreht, dann ist ein Gefühl der Überreizung nicht mehr zu leugnen.