Baku. Die Sängerin Loreen hat das Finale des Eurovision Song Contest in Baku gewonnen. Der nächste ESC wird damit in Schweden stattfinden. 26 Kandidaten waren angetreten. Für Deutschland sang sich Roman Lob mit “Standing Still“ in Baku auf einen guten achten Platz.

Der Eurovision Song Contest wird im kommenden Jahr in Schweden ausgetragen. Die große Favoritin des ESC, Sängerin Loreen, konnte in der Nacht zu Sonntag beim ESC-Finale in Baku jubeln. Der deutsche Kandidat Roman Lob wurde Achter mit "Standing Still". Er erreichte damit ein besseres Ergebnis als die ESC-Gewinnerin von 2010, Lena Meyer-Landrut, im vergangenen Jahr. Sie war in Düsseldorf Zehnte geworden.

Im Jahr 1999 hatte Charlotte Nilsson letztmals den ESC nach Schweden geholt. Legendär ist der Sieg von Abba mit "Waterloo" im Jahr 1974.

Loreen siegte mit ihrem mystischen Pop-Song "Euphoria" mit 372 Punkten mit großem Vorsprung auf Platz zwei. Den belegten die russischen "Pop-Omas" der Gruppe Buranowski Babuschki mit ihrem Pop-Folklore-Song "Party For Everybody". Dritter wurde der Serbe Zeljko Joksimovic mit der Ballade "Nije Ljubav Stvar". Auch sie hatten bei den britischen Wettbüros auf den vorderen Plätzen gelegen.

26 Kandidaten konkurrierten um den ersten Platz beim ESC in der aserbaidschanischen Hauptstadt. Schätzungsweise mehr als 100 Millionen Fernsehzuschauer schalteten wieder ein. Das Publikum in allen 42 ESC-Teilnehmerländern konnte abstimmen. Über das Ergebnis entschieden zu jeweils 50 Prozent das Televoting und nationale Jurys.

Anders als in früheren Jahren wurde beim diesjährigen ESC nicht nur über Musik diskutiert: Die Austragung des Wettbewerbs in Aserbaidschan hatte eine heftige Debatte über die politische Situation in der ehemaligen Sowjetrepublik in Gang gesetzt. Von Menschenrechtlsorganisationen kam heftige Kritik an Demokratiedefiziten in dem Land. Bei Protesten während des ESC in Baku griff die Polizei mehrfach hart gegen friedliche Demonstranten durch. Die deutsche Moderatorin Anke Engelke, die die Punkte für Deutschland nach Aserbeidschan verkündete, nahm das Thema auf: Sie betonte, wie gut es sei, wählen zu dürfen ......

Auftakt mit 75-Jährigem

Nach kurzem Auftakt-Pomp ging der Abend mit dem Beitrag aus Großbritannien ins große Finale: Engelbert Humperdinck mit dem Song "Love will set you free". Humperdinck - 75 Jahre alt - gilt als einer der ungewöhnlichsten Teilnehmer: Sein letzter Hit liegt 40 Jahre zurück. Sein stimmlicher Gipfel sicherlich ebenfalls ... - er landete auf einem der letzten Plätze.

Albanien dagegen schickte mit Rona Nishlu eine Newcomerin auf die internationale Bühne: Die aus dem Kosovo stammende Rona Nishliu (sie floh als Kind vor den Wirren des Balkankrieges) sang in fururistischem Ouitfit stimmgewaltig ein traditionelles Klagelied - das mit viel Beifall und am Ende mit einem der vorderen Plätze bedacht wurde.

Litauens Interpret Donny Montell trällerte ein eher dünnes Liedchen - zum Mitklatschen. Um das ganze aufzupeppen trug Montell eine glitzernde Augenbinde, was natürlich (Achtung Wortspiel) - aufgesetzt wirkte.

Die Babuschki - originell und gefeiert

Dann einer der Höhepunkte des Abends: Die singenden Großmütter aus Russland: Die Buranowski Babuschki wurden frenetisch gefeiert und galten als Geheimtipp mit ihrer Mischung aus traditionellem Liedgut im Poprock-Gewand. Gesanglich sicher kein Höhepunkt - aber originell und schwungvoll: Das reichte für den zweiten Platz..

Bombastisch Musik brachte der Auftritt der Isländer Greta Salome und Jonsi mit ihrem Song "Never Forget" - auf der Violine begleitet vom weiblichen Part des Duetts. Das erinnerte auch in der Intonation ein bisschen an den norwegischen Gewinner von 2009 Alexander Rybak. Zyperns Beitrag - von der jungen Ivi Adamou dagegen fiel zwar deutlich ab - sowohl textlich ("Lalalove") als auch musikalisch - ihre engagierten Tanzeinlagen und die knapp bekleideten Tänzerinnen wurden dennoch mit einem Platz im Mittelfeld belohnt. In die ähnliche Kategorie fiel auch der französische Beitrag von Anggun, die indonesische Wurzeln hat und in Malaysia ein gefeierter Star ist - sie landete weit abgeschlagen.

Nina Zilli, die für Italien - natürlich - über "L'Amore È Femmina" sang - hatte für ihre Darbietung eine dezentere Note gewählt. Und sie klang ganz und gar nicht nach italienischer Canzone - sondern swing-lastig mit leichten Bluesanleihen, was gut war für einen Platzen im oberen Mittelfeld.

Ein Sänger mit iranischen Wurzeln trat für Norwegen an: Tooji mit dem Lied "Stay", das zwischen arabesken Rhytmen und Dancefloor changierte - jedenfalls sehr unskandinavisch klang. Er war am Ende das Schlusslicht

Gastgeberland mit flammender Lightshow

Für Gastgeberland Aserbaidschan intonierte Sabine Babayeva das melancholische "When the Music dies" - sehr professionell, sehr stimmgewaltig, pompös inszeniert, mit einer flammen-inspirierten Lightshow. Aserbaidschan gilt als Land des Feuers - da an einigen Stellen die vorhandenen Gaslager so dicht unter der Erde lagern, dass sie sich selbst entzünden. Stimme und Iszenierung überzeugten. Babyeva landete weit vorne.

Warum Rumänien mit einer südamerikanisch inspirierten Band (Mandinga) und einem Lied auf Spanisch antrat, erschloss sich dann allerdings nicht. Griechenlands Eleftheria Eleftheriou wiederum sang knapp bekleidet ein von griechischen Rhytmen angehauchten Popsong "Aprodisiac". Beide landeten im Mittelfeld.

Dann die Topfavoritin: die für Schweden antretetende Loreen mit dem Lied dramatischen Popsong"Euporia". Düster ausgeleuchtet, barfuß tanzend wurde die Sängerin mit den marokkanischen Wurzeln vom Publikum frenetisch gefeiert. Eine gute Show lieferte sie in jedem Fall - und im anschließenden Voting lag sie rasch uneinholbar vorne.

Roman Lob: Schlichter, aber überzeugender Auftritt

Can Bonomo heißt der Interepret des türkischen Beitrages - erwähnenswert vor allem deshalb, weil der junge Sänger, der in der türkischen Musikerszene sehr gut verdrahtet ist, Mitglied der jüdischen Gemeinde ist - was in dem islamisch geprägten Land durchaus für kritische Stimmen sorgte. Sein Song "Love me back" kam leicht daher und wurde gut gevotet.

Roman Lob, der sich in Aserbaidschan rasch eine Fangemeinde erobert hat, trat mit seiner offenbar unumgänglichen Mütze, aber stimmlich tadellos auf - auch, wenn sein Lied "Standing still" zwischen alll den vielen bombastisch angelegten ESC-Hymnen eher schlicht daherkam, genau wie sein Auftritt, der nicht von allerlei gut gebauten Tänzerinnen, sondern nur von seiner Band begleitet wurde. In der Abstimmungsphase sah es zunächst nicht gut aus für den Deutschen - erst im Endspurt (und mit den westeuropäischen Stimmen) schaffte Lob den Sprung unter die ersten zehn Platzierungen.

Mazedoniens Beitrag "Cmo i belo" (Schwarz und Weiß) der Sängerin Kaliopi dagegen nahm Anleihen bei heftigeren Metal-Rock-Elementen, durchaus interessant - was auch von Juroren mit einer guten Platzierung belohnt wurde.

Irland schickte nochmals Jedward an den Start. Nach ihrem eher belächelten Auftritt im vergangenen Jahr blieben die Flummy-Zwillinge sich treu und enterten die Bühne in gewohnt schrillem Outfit und mit einer Choreographie, die an semi-professionelle Cheerleader erinnerte. Ihren Song "Waterline" vergaß man darüber beinahe. Es reichte nur für einen Platz im hinteren Mittelfeld.

Serbien sandte mit Željko Joksimovic ebenfalls einen der Favoriten ins Rennen. Seine melancholische Ballade "Nije Ljubav Stvar" ist zwar von traditionellen Balkananklängen durchsetzt, bleibt aber im Ohr. Und Joksimovic im Smoking blieb bei seiner Show angenehm zurückhaltend - Volltreffer.

Ganz anders der letzte Starter - Pasha Parfeny aus Moldawien, der es sowohl vom Outfit her, als auch musikalisch bunter anging: Zwar setzte auch er mit seinem Beitrag "Lautar" auf musikalisches Lokalkolorit - allerdings eher in Richtung Pop.