Essen. . In Baku steigt am Samstag das Finale des Eurovision Song Contests. Der deutsche Kandidat Roman Lob hofft auf einen Platz unter den besten zehn Teilnehmern. Doch das große Glitzern der Veranstaltung kann darüber hinwegtäuschen, dass diese ESC-Veranstaltung ganz anders ist als seine Vorgänger.

Roman Lob (21), der deutsche Teilnehmer am Eurovision Song Contest (ESC) 2012, singt ja nicht schlecht. Wahrscheinlich singt er sogar besser als Lena. Aber er ist eben nicht Lena. Und der ESC ist in diesem Jahr auch nicht in Deutschland, sondern im fernen Aserbaidschan. Deshalb war das Interesse an dem Sangeswettstreit bisher auch eher verhalten. Heute Abend wird sich das wahrscheinlich ändern. Denn am Samstagabend ist Finale (ARD, 21 Uhr). Und da schalten Millionen TV-Zuschauer ein. Auch in Deutschland.

Sie werden, das lässt sich nach den beiden Halbfinals schon mal sagen, großes Fernsehen erleben. Was vor allem daran liegt, dass es den Veranstaltern in Baku an ei­nem offensichtlich nicht mangelt: an Geld. Damit haben sie binnen eines Jahres auf einer Landzunge im Kaspischen Meer eine Veranstaltungsarena aus dem Boden gestampft, die sie Crystal Hall nennen und die rund 17 000 Besuchern Platz bietet. Und rundherum ist auch kein Stein auf dem anderen geblieben. Hat man jedenfalls immer wieder gehört im Vorfeld. Was man nun sieht auf den Bildern, die die TV-Kameras nach ganz Europa liefern, ist Eleganz, die manchmal in Protz umschlägt. Wenn er aus dem Hotelzimmer sehe, sagt Lob, „denke ich schon noch, wie krass das eigentlich alles ist, wie wahnsinnig Baku ist“.

Da glänzt und glitzert es, blinkt und blitzt es, und bei Bedarf können auch gigantische Hochhausfassaden als Leinwand genutzt werden. So bunt sind die Bilder, so vielfältig die Eindrücke, dass die Nachrichten und Aufnahmen der Festnahmen einiger Regimegegner daneben untergehen in der Berichterstattung.

Viel Folklore, wenig Talent

Das wird sich beim Finale nicht ändern. Im Gegenteil: Schon in den vergangenen Tagen war von Protesten nichts mehr zu sehen und hören, wenn in der Halle die Lichter angingen und die Musik einsetzte. Dafür gab es ein aufwändig in Szene gesetztes Panoptikum skurriler Kandidaten, das musikalisch viele Wünsche offen ließ. Viel Folklore war zu hören, aber wenig Talent.

26 von 42 Teilnehmern sind noch im Rennen und treten heute im Finale an. Osteuropa ist wieder einmal besonders stark vertreten, zum Kreis der Favoriten gehören aus dieser Region aber wohl nur die russischen Omas namens Buranowski Babuschki. „Diese Mischung aus kulturellem und Party-Song kommt gut an bei den Leuten“, glaubt auch Roman Lob.

Favorit in den Wettbüros ist Schweden

Favorit in den Wettbüros ist allerdings Schweden. Obwohl das schwer zu verstehen ist, wenn man den Auftritt von Loreen gesehen hat, die im Kunstschneeschauer und bei heftigem Gegenwind aus der Maschine über die Bühne sprang wie eine bekiffte Ballerina und „Euphoria“ einforderte. Sie selbst hat zumindest Courage bewiesen, als sie sich vor wenigen Tagen mit Vertretern der Opposition in Baku traf. In einer Pressekonferenz von einer Journalistin darauf angesprochen zeigte sich der Moderator der Veranstaltung nicht erfreut über die Frage. Wohl auch deshalb hielt sich die Sängerin in diesem Moment zurück. Sie wolle sich jetzt auf den Contest konzentrieren, antwortete Loren.

Gute Chancen werden in Baku auch Italien, Irland und England eingeräumt. Lob selbst wird in den Wettbüros als Top Ten-Kandidat gehandelt. Das würde ihm nach eigener Aussage reichen. Aber feiern, sagt er, „werde ich auch, wenn ich Letzter werde“.